Fast immer Damenwahl

Die Agentur „be my Dancer“ vermietet TänzpartnerInnen und greift damit eine Idee aus den 1920er-Jahren auf. Mit dem Gigolo-Image der damaligen Eintänzer will die Agentur nichts gemein haben. Vor allem Frauen greifen auf das Angebot zurück

VON FRANZISKA BÖHL

Hohe Ansprüche an ihren Tanzpartner hat Gabi Wernicke nicht grade: „Ich habe ihn ausgewählt, weil er etwas größer ist als ich“, sagt die zweifache Mutter. Rund 30 Euro die Stunde kostet sie das Vergnügen bei der Online-Agentur „be my Dancer“. Vor allem Frauen nutzen nach Angaben der Agentur das Angebot, weil gute und erfahrene Tänzer vergleichsweise rar sind.

Das musste auch Gabi Wernicke leidvoll erfahren: Seit acht Jahren belegt die Frau Mitte dreißig Kurse in Tanzschulen, am liebsten Cha-Cha-Cha und Rumba. Ihr Mann tanzt zwar ebenfalls, doch leider ist er ein gutes Stück von ihrem Niveau entfernt. Mit dem Mietpartner hofft die Psychologin ihren Spaß am Tanz voll ausleben zu können.

An diesem Abend ist es Roland Waizenegger, mit dem sie übers Parkett fegen wird. Er hat be my Dancer im Sommer vergangenen Jahres gegründet. Mit Waizenegger tanzt sie schwungvoll Walzer und Foxtrott mit seinen schnellen Seitenschritten. Als schließlich Swing-Musik ertönt, folgt der Quickstep – der „Champagner unter den Tänzen“, wie manche Tänzer dazu sagen. Bereits nach diesen ersten Tänzen strahlt Gabi Wernicke: „Er hat eine schöne, sehr klare Führung, eine gute Körperhaltung und man fühlt sich sicher in seinen Armen. Er ist der ideale Tanzpartner“, sagt sie mit einem überzeugendem Lächeln.

Auf Erfahrung setzen

Die Idee, erfahrene TänzerInnen zu vermieten, hat die Agentur von den Eintänzern aus den 1920er-Jahren übernommen – ein damals ganz großer Trend. Es waren vorwiegend Personen aus dem verarmten Adel, die nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 immerhin noch ihre feine Garderobe besaßen und sehr gut tanzen konnten, erzählt der Tänzer Bernd Kraft. „Sie boten sich dann als Eintänzer bei großen Tanzveranstaltungen in Hotels an“, berichtet der 52-Jährige. Seit mehr als zehn Jahren tanzt er, seit Sommer auch für be my Dancer. Die damaligen Eintänzer waren aber im Vergleich zu denen der Agentur nicht seriös: „Die Männer wollten manchmal auch mehr als nur mit den Frauen tanzen“, sagt Kraft.

Solch ein Gigolo-Image will die Agentur nicht haben: Hier geht es nur ums Tanzen. Abholen, nach Hause bringen oder danach ein Bier zusammen trinken, ist nicht drin, sagt Kraft.

Auch Kraft wurde an diesem Abend gemietet, und zwar von Anne Huber. Die 45-Jährige hatte den Leihtänzer bereits Ende Januar für einen Ball engagiert. „Es ist schwierig, jemanden zu finden, der auf dem gleichen Niveau ist“, sagt Anne Huber. Sie habe bereits mehrfach Tanzpartnerbörsen probiert. Aber: „Entweder waren die Männer meist viel bessere Tänzer oder es hat einfach nicht gepasst.“ An diesem Abend scheint alles gut zu passen und es sei klar, „dass es nur ums Tanzen geht“, sagt Huber. Da ihr Mann nicht immer Zeit und Lust zum Tanzen hat, will sie demnächst wohl wieder einen Tänzer mieten. „Mein Mann fühlt sich sicher entlastet, wenn er nicht so oft tanzen gehen muss“, so Huber.

Mit den gemieteten Tanzpartnern können die Frauen auch hin und wieder neue Figuren oder Schritte lernen, wie Gabi Wernicke bei einem Tango merkt. Und obwohl sie behauptete, wenig Erfahrung bei diesem Tanz zu haben, schlägt sich sie sich gut auf dem Parkett. Auch ihr Tanzpartner Waizenegger ist zufrieden: „Sie ist eine gute Tänzerin.“

Nach diesem Abend steht auch für Wernicke fest, dass sie noch einmal einen Tanzpartner engagieren wird. „Über den Preis kann man zwar stolpern, aber eine Massage oder Maniküre kostet auch nicht wenig.“

www.be-my-dancer.de