: Eine Wahl zwischen drei Übeln
Die Globalisierungskritiker von Attac leben über ihre Verhältnisse. Daher müssen sie jetzt sparen
BERLIN taz ■ Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) hat dasselbe Problem wie seine ärgsten Kritiker: zu wenig Geld. Auch Attac muss sparen. Bis Jahresende 2003 werden die Ausgaben der Globalisierungskritiker um 100.000 Euro über den Einnahmen liegen, die Attac auf 720.000 Euro schätzt. Welche Stelle die richtige zum Sparen sei, hat der Ratschlag der Globalisierungskritiker am Wochenende diskutiert.
Drei Übel standen zur Wahl. Kürzungen beim Budget der Ortsgruppen, bei den Personalkosten des Frankfurter Zentralbüros und den Ausgaben für politische Kampagnen. Mit wenigen Gegenstimmen beschloss die Versammlung, die Sparmaßnahmen mehr oder weniger zu dritteln. So sollen die Basisgruppen in diesem Jahr 30.000 Euro weniger bekommen. Ihnen stehen dann noch 130.000 Euro zur Verfügung. Mit Teilzeit und Verzicht auf eine Lohnerhöhung tragen die Beschäftigten des Büros 20.000 Euro bei. Außerdem bekommen die beiden Kampagnen gegen die Agenda 2010 und die weltweite Privatisierung 30.000 Euro weniger.
Die finanziellen Probleme haben ihre Ursache in Schlampereien zur Zeit des Büroumzuges aus dem niedersächsischen Verden nach Frankfurt am Main. Bei der Aufstellung des Haushalts 2003 wurden im Frühjahr falsche Zahlen aus der Datenbank herausgezogen. Als man den Fehler entdeckte, hatte Attac schon zu viel Geld ausgegeben. Nun überziehen die Globalisierungskritiker regelmäßig ihre Konten und haben sich von Privatleuten Geld geliehen.
Ein erster Versuch, das Loch mittels höherer Einnahmen zu stopfen, brachte nicht den erhofften Erfolg. Ein Grund: Das Aufkommen an Spenden lässt sich zwar durch Werbung kurzfristig erhöhen, bleibt aber insgesamt unter dem Niveau von 2002. Im vergangenen Jahr gingen nach Schätzungen von Finanzexperte Oliver Moldenhauer bis zu 200.000 Euro ein, während es 2003 noch 160.000 Euro sein werden.
Auch der Zuwachs an Mitgliedern lässt sich nicht beliebig steigern. Pro Woche kommen dieses Jahr im Durchschnitt 80 Mitglieder hinzu. 2003 hat die Gesamtzahl um 3.500 auf 13.000 zugenommen. Aber auch hier gilt: 2002 wuchs Attac schneller. Damals nahm Attac wöchentlich 130 neue Mitstreiter auf. HANNES KOCH