: Freispruch aus Mangel an Beweisen
Toros-Prozess: Auch ohne Verurteilung setzte die Neuauflage des Verfahrens um eine Vergewaltigung im Imbiss Zeichen. Zwar konnte den Beschuldigten die Tat nicht nachgewiesen werden. Die Glaubwürdigkeit des Opfers wurde jedoch nicht angezweifelt
bremen taz ■ Vor dem Bremer Landgericht ist einer der unerträglichsten Vergewaltigungsprozesse der letzten Jahre jetzt wenigstens teilweise abgeschlossen worden. Im Revisionsverfahren des sogenannten Toros-Prozesses, dessen Erstauflage im Frühjahr 2001 zu Tumulten im Gerichtssaal und zu „Hexenprozess“-Demonstrationen vor dem Landgericht geführt hatte, fiel gestern ohne großes öffentliches Aufsehen ein Urteil. Zwar gab es keinen Schuldspruch. Der Angeklagte wurde mangels Beweisen freigesprochen. Doch blieben dem Gericht auch keine Zweifel: „Die Kammer geht davon aus, dass das Opfer eine Vergewaltigung erlebt hat“, urteilte die Vorsitzende Richterin Barbara Lätzel. „An diesem frühen Morgen des 16. Juli 2000 ist etwas Schreckliches passiert.“
Das Schreckliche hatte die Anklage zuvor in nüchternen Worten zusammengefasst: Orale und anale Vergewaltigung durch mehrere Männer, daran beteiligt der gestern anwesende ehemalige Mitarbeiter des Viertel-Imbiss‘ Toros, dem die Spurensicherung aber keine der am Opfer gefundenen DNA-Partikel zuordnen konnte. Der Beschuldigte selber schwieg. Ein weiterer Angeklagter, den die Staatsanwaltschaft stets als Initiator der Vergewaltigung im Keller des Hauses am Sielwall gesehen hatte, war gestern zum Prozess nicht erschienen. Trotz Intervention von Gericht und Verteidigerhatte die Ausländerbehörde hatte dem inzwischen abgeschobenen abgelehnten Asylbewerber die Einreise zu spät gestattet. Möglicherweise wird das Verfahren gegen den Mann zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. Bei Gericht hieß es gestern, darum werde man sich bemühen.
Bemüht war die Kammer gestern auch, die Situation der als Nebenklägerin aufgetretenen vergewaltigten Frau angemessen zu berücksichtigen – und damit einen Kontrapunkt zu jenem 25-tägigen Verhandlungsmarathon zu setzen, der nach hoch umstrittener Prozessführung 2001 ebenfalls im Freispruch endete, vor allem aber die Glaubwürdigkeit des Opfers in öffentlicher Verhandlung völlig erschütterte.
Gestern dagegen wurde die Öffentlichkeit zum Schutz der Intimsphäre des Opfers ausgeschlossen. Die Zeuginnenaussage zum Tathergang sowie ein Gutachten überzeugten die Kammer jedoch durch und durch von der Glaubwürdigkeit des Opfers, hieß es anschließend. Es sei deutlich geworden, dass Erinnerungs- oder Darstellungslücken mit einer früheren Traumatisierung des Opfers schlüssig zu erklären seien.
Die Wiederaufnahme des Prozesses hatte allein die geschädigte Frau erreicht, nachdem die Staatsanwaltschaft ihre ursprüngliche Ankündigung, in Revision gehen zu wollen, zurücknahm. Weil das gestrige Revisionsverfahren nun nicht in einem Schuldspruch endete, wird das Opfer die Kosten des Verfahrens vor dem Bundesgerichtshof tragen müssen, der das erste Urteil aufhob. Ein Freundinnenkreis der Nebenklägerin hat dafür ein Spendenkonto eingerichtet. ede
Verein zur Förderung der Kommunikation unter Frauen e.V., Sparkasse Bremen, BLZ 290 501 01, Konto: 16 81 873, Stichwort „Prozess“