: Bestens gelaunt bis Mitternacht
Laszive Chansons und herber Witz: Das St. Pauli Theater feierte den ersten Saisonauftakt unter neuer Leitung
„Da möchte ich mal zwitschern, in dem Laden“, soll sich Udo Lindenberg bei seinem ersten Gang über die Reeperbahn gedacht haben. Am Montagabend ging des Panikrockers Wunsch in Erfüllung: Bei der Eröffnungsgala der ersten gemeinsamen Spielzeit von Thomas Collien und Ulrich Waller am St. Pauli Theater schickte Lindenberg als musikalischer Gaststar das Publikum bestens gelaunt in die Pause.
Kabarettist Horst Schroth moderierte den Ausblick auf die kommende Spielzeit, der bis Mitternacht dauerte. TV-Bösewicht Christian Redl zeigte sich von der romantisch-musikalischen Seite. Er wird in Wallers Dreigroschenoper-Inszenierung ab Januar 2004 den Peachum spielen, Ulrich Tukur den Mackie Messer. Marion Martienzen brachte zwei Songs aus dem Liederabend „Les Adieux“. Ralph Oswick (Natural Theatre Company of Bath) kündigte in voller Perückenpracht die vierte Folge seiner Scarlatti-Comedy an, und der androgyne Tim Fischer sang so lasziv wie zynisch Kreisler-Chansons – auch er ein Gast in dieser Spielzeit.
Nach der Pause wetzte Michael Ehnert (Bader-Ehnert-Kommando) seine scharfen Humoristenmesser. Kunstgerecht zerlegte er die Schill-Partei und brachte mit einem reichlich herben Witz über das „unbenutzte Gehirn einer Kultursenatorin“ die Lacher auf seine Seite. Hamburgs derzeitige Amtsinhaberin Dana Horáková, unter den Ehrengästen, verzog da keine Miene.
Feineres Florett führte Georg Schramm, der als Rentner Dombrowski mit Kriegstreiben und dem Ende der Sozialpolitik abrechnete. Störrisch verweigerte er das überschwängliche Lob seiner Kollegen für das „schönste Theater der Stadt und den Kiez“, den auch das Ensemble der St. Pauli-Revue Auf der Reeperbahn... aus vollem Herzen besang. Diese erste gemeinsame Produktion von Collien und Waller feierte gestern ihre Uraufführung. LNO/TAZ