: Schuldenerlass spaltet die Reichen
Der Vorstoß Großbritanniens zur Entschuldung armer Länder wird an diesem Wochenende die Finanzminister der G 7 und die Herbsttagung von IWF und Weltbank beschäftigen. Die USA stimmen dem Ziel zu. Doch eine Entscheidung ist nicht zu erwarten
VON STEPHAN KOSCH
Das Thema Schuldenerlass spaltet die Runde der Finanzminister aus den reichsten Industriestaaten der Welt. Während die Vertreter der USA und Großbritanniens vor dem gestrigen Treffen der G 7 in Washington dafür plädierten, über die bisher beschlossenen Schritte zur Entlastung der Entwicklungsländer hinauszugehen, zeigten sich die anderen Minister bislang sehr zurückhaltend. Weitergeführt wird allerdings die ebenfalls der Entschuldung dienende HIPC-Initiative des internationalen Währungsfonds und Weltbank.
Damit folgte der IWF den Vorgaben der G8-Minister, die sich bereits im Juni für eine Fortführung der seit acht Jahrenden laufenden HIPC-Initiative ausgesprochen hatten. Von den 27 teilnehmenden Staaten wurde bereits 13 der Totalerlass zugesagt. Insgesamt reduzierte sich der Schuldenberg von 100 Milliarden US-Dollar, mit dem die Länder in die Initiative gestartet sind, um etwa die Hälfte.
Das geht vielen Globalisierungskritikern aber nicht weit genug. Sie bemängeln zum Beispiel, das HIPC besonders arme Länder wie Liberia, Somalia oder den Sudan nicht berücksichtigt. Aber auch die Länder, die es ins Programm geschafft haben und entschuldet wurden, bleiben in einer prekären Lage. So hat Uganda nach Angaben der Initiative „erlassjahr.de“ schon wieder doppelt so viele Schulden wie das Land in einem Jahr durch Exporte einnimmt. Und auch Sambia gibt einer aktuellen Studie von „Oxfam“ zufolge noch immer 156 Millionen US-Dollar mehr für die Bedienung von Krediten aus als für sein Bildungssystem.
Für langfristige Erfolge ist also mehr nötig. So fordert die Handels- und Entwicklungskonferenz Unctad einen totalen Schuldenerlass für alle afrikanischen Länder. Diese sitzen auf einem Schuldenberg von 295 Milliarden US-Dollar. Unctad sieht dies als das entscheidende Hemmnis an, das von der UNO gesetzte Ziel zu erreichen, die Armut in der Welt bis 2015 zu halbieren.
Auch die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) schließt sich dieser Meinung an. Die reichen Länder müssten mehr Geld zur Verfügung stellen. Die Weltbank habe von jährlich 50 Milliarden Dollar zusätzlich gesprochen, die dafür notwendig seien. „Ich sehe nicht, wie wir die notwendigen Mittel ohne zusätzliche Anstrengungen mobilisieren können“, sagte die Ministerin in einem Interview. „Deshalb gehöre ich zu denen, die die britische Initiative unterstützen.“ Die Regierung in London will pro Jahr rund 180 Millionen US-Dollar zusätzlich an IWF und Weltbank überweisen, damit diese den Entwicklungsländern über HIPIC hinaus weitere Kredite erlassen. Weltbank Präsident James Wolfensohn nannte dies einen „enorm konstruktiven Vorschlag, und wir stehen voll dahinter“. Auch der US-Finanzminister John Snow sagte vor dem Treffen, dass der Schuldenerlass „bedeutend erhöht“ werden müsse. Allerdings unterstützte er den Vorschlag aus Großbritannien nicht ausdrücklich. Zudem dürften die USA mit diesem scheinbaren großzügigen Vorstoß vor allem dem von ihnen angestrebten 90-prozentigen Schuldenerlass für den Irak den Weg bereiten wollen, der allein mit 120 Milliarden US-Dollar in der Kreide steht.
Der deutsche Finanzminister Hans Eichel (SPD) hebt in all diesen Diskussionen mahnend den Zeigefinger und bremst. Der Bundeshaushalt gebe solche Maßnahmen nicht her, hieß es im Vorfeld der Tagung aus dem Ministerium. Und beim Irak könne man über eine Schuldenerlass von gut 50 Prozent reden – mehr nicht.