: Angriff der Wiesnbande
Der FC Bayern München gewinnt 2:1 beim deutschen Meister Werder Bremen und präsentiert sich als äußerst robustes Kampfteam mit Austeilerqualitäten – den Schiedsrichter hat das nicht gestört
AUS BREMEN OKE GÖTTLICH
Quietschfidel wippte Bayern-Manager Uli Hoeneß nach Spielende der Schiedsrichterkabine entgegen. In den Händen hielt er drei Tüten aus dem bayerischen Fanartikelrepertoire. „Brillen für die Schiedsrichter“, ließ er grinsend die Umherstehenden wissen. Für gewöhnlich wäre dies ein passendes Geschenk für Unparteiische, die eine nicht zufrieden stellende Pfeifen-Leistung mit dem Blick durch die Bayern-Brille abgeliefert hätten.
Dass dem keineswegs so gewesen sein konnte, zeigten drei für den Bayernauftritt stilbildende Szenen: Wie ein rauffreudiger Schuljunge entledigte sich Michael Ballack seines Verfolgers Frank Fahrenhorst – und brach ihm das Nasenbein. „Das tut mir leid.“ Neben dem sechsten Ausfall im Bremer Defensivverbund (Davala, Jensen, Pasanen, Baumann und Nery sind bereits verletzt) mussten sich die Grün-Weißen so bereits nach drei Minuten in der Abwehr neu organisieren. Eine Unordnung, die die Bayern in der 20. Minute durch einen Kopfballtreffer Ballacks zum 1:0 nutzten. Dass der Torschütze auch hier an der Grenze der Regelwidrigkeit gegen Klose agierte, störte Schiedsrichter Herbert Fandel nicht. „Was soll er machen?“, fragte Bayern-Trainer Felix Magath in die Runde. Aber niemand traute sich ihm zu entgegnen, dass Ballack es auch ohne Schubser hätte versuchen können. Zu diesem Zeitpunkt waren schon vier gelbe Karten verteilt. Und erneut kam keine für Ballack hinzu.
Wie sehr die Bayern das Recht des Stärkeren strapazierten, zeigte sich dann Mitte der zweiten Spielhälfte. Einem harmlosen Duell zwischen Miroslav Klose und Oliver Kahn schloss sich die unwürdigste Szene des Spiels an. Wie ein tumber und alkoholisierter Oktoberfestbesucher ging der Bayern-Keeper auf Klose zu und versuchte zweimal seinen Zeigefinger mitsamt Torwarthandschuh in dessen Nase zu bohren. Mit aller Entschlossenheit trat die bayerische Wiesngang im Weserstadion auf, als ob sie sich ganz Ostfriesland zu Eigen machen wollte. „Es geht nicht darum, optimale Leistung zu zeigen, sondern in möglichst vielen Wettbewerben erfolgreich zu sein“, entschuldigte sich Magath hinterher.
Die Szene zum 0:2 belegte den Eindruck, dass die älteren Bayern den jüngeren Bremern zeigen wollten, wer auf dem Ligaschulhof das Sagen hat. Bastian Schweinsteiger rasselte mit dem Bremer Innenverteidiger Christian Schulz zusammen. Anstatt sich zwischen den beiden tollenden Spielern zu verkeilen, fand der Ball seinen Weg in die Maschen des Bremer Tores. Wieder hatten die Bremer einen Zweikampf verloren.
Ein Umstand, an den sich der Meister im Verlauf der zweiten Halbzeit nicht gewöhnen wollte. Krampfhaft versuchte Werder sein Spiel aufzuziehen. Aber es schien, als ob das Champions-League-Spiel gegen Valencia am Mittwoch seine Spuren hinterlassen hätte. „Wir hatten Bayern erst in der zweiten Hälfte etwas entgegenzusetzen“, grummelte Werder-Trainer Thomas Schaaf. Und Magath präzisierte, dass es für sein Team von Vorteil gewesen sei, dass sich Werder einen Tag weniger ausruhen konnte. Für eine Heimmannschaft, die das Spiel machen muss, sei das ein Nachteil. Die Bremer fanden auch im zweiten Spielabschnitt kein Mittel zum Umspielen der bayerischen Wellenbrecher. Vor allem im Mittelfeld bewiesen die Münchner Dominanz. Das sei keineswegs überraschend, merkte Uli Hoeneß an. „Wenn das nicht so wäre, dann hätten wir sie alle ein bisschen überbezahlt.“ Dabei wollte Thomas Schaaf gerade dort den „Bayern nicht die Übermacht überlassen“ und spielte statt mit vier Stürmern wieder mit den herkömmlichen zwei. Zwar brachte er mit Angelos Charisteas noch eine dritte Spitze, aber mehr als der Anschlusstreffer von Miroslav Klose (81.) sollte nicht mehr gelingen.
Da hätten auch ein paar Werder-Brillen für die Schiedsrichter nichts dran ändern können. Immerhin sieht Bremens Manager Klaus Allofs klar, was die Zukunft Werders angeht. „Bayern hat sich in der vergangenen Saison Hoffnungen gemacht, an uns ranzukommen, nun machen wir uns Hoffnungen, an Wolfsburg ranzukommen.“ Wer sind schon die Bayern?