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Archiv-Artikel

Kaufen, kaufen, kaufen!

Die Werber haben die Kids als kaufkräftige Klientel entdeckt. Die Verbraucherschützer wollen die jungen Konsumenten nun vor falschen Versprechen aus Schlaraffia bewahren

BERLIN taz ■ Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) will Kinder und Jugendliche vor der Werbung schützen. Die gestern auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellte Kampagne „Schaust du nur oder kaufst du schon?“ soll vor allem das Bewusstsein junger Konsumenten in Bezug auf irreführende Versprechungen schärfen.

Das erste Unternehmen haben Verbraucherschützer schon ausgemacht: Der Cornflakes-Hersteller Kellogg’s wirbt auf Verpackungen und im Internet mit dem Slogan „Kellogg’s Frosties für Schulsport“. Dabei appelliert die Aktion an die Sammel- und Schnäppchenleidenschaft von Konsumenten.

Wer fünfzig so genannte „Tony Taler“ sammelt, bekommt ein Badminton-Set, für 300 Taler gibt’s eine Volleyball-Anlage. Die Aktion läuft insgesamt 30 Wochen. Selbst wenn sich zehn Schüler zusammenschließen und gemeinsam sammeln, setzt dies einen Cornflakes-Verbrauch von einer Packung pro Woche voraus. Kellogg’s freut sich: Immerhin sind diese 300 Taler bei einem Packungspreis von 2,79 insgesamt 837 Euro wert – schön teuer für ein Volleyballnetz und einen Volleyball!

So hält auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen die ganze Aktion für wettbewerbswidrig und will gegen die Cornflakes-Produzenten klagen. Im Rahmen der vorgestellten Kampagne sollen Eltern, Erzieher und Lehrer dazu animiert werden, dem vzbv weitere Beispiele besonders fragwürdiger Werbung mitzuteilen. Diese sollen dann Anfang nächsten Jahres ausgewertet werden und gegebenfalls Grundlage für weitere rechtliche Schritte sein.

Den Verbraucherschützern geht es gleich um zwei Dinge. Vzbv-Chefin Edda Müller erklärt: „Zum einen sollen Jugendliche und ihre Eltern sensibilisiert werden, zum anderen streben wir eine Flurbereinigung in der Werbelandschaft an.“ Kinder sollten in die Werbewelt hineinwachsen und so lernen, zwischen Werbung und Inhalten zu unterscheiden. Außerdem sollen die Werber dazu angehalten werden, nicht unter Vorspiegelung falscher Tatschen die Kinder zum Konsum zu animieren.

Müller sowie ihr Kollege Marcus Ostermann vom Deutschen Familienverband können sich durchaus vorstellen, ein generelles Werbeverbot im Kinderprogramm anzuleiern. So ist es beispielsweise in Schweden der Fall. Ostermann betonte jedoch auch, dass es nicht darum gehe, Werbung pauschal zu verteufeln.

Kinder und Jugendliche geben anders als viele Bürger immer mehr statt weniger Geld aus. Im letzten Jahr verfügten die 6- bis 19-Jährigen über eine Kaufkraft von 20 Milliarden Euro – ein Viertel mehr als noch Ende der Neunziger und immerhin 1.800 Euro pro Kind und Jahr. Dementsprechend hoch ist der Druck der Werbewirtschaft auf die Kids.

Im Internet und in TV-Werbespots werden sie dazu verleitet, ihr Geld in Süßigkeiten, Modeprodukte oder Zigaretten zu investieren. Jedes fünfte Kind ist übergewichtig und das Einstiegsalter für Zigarettenkonsum liegt mittlerweile bei 13 Jahren. Oftmals ist die treibende Kraft für den Konsumrausch der Wunsch, dazuzugehören. Nur: Die Werbung hält selten, was sie verspricht. NICOLE MESSMER