: Leistungsschau auf dem Amt
Kommunale Arbeitgeber und Verdi wollen Durchbruch bei der Reform des Tarifrechts. Städtische Bedienstete sollen flexibler arbeiten. Streit um Lohn- und Vergütungszuwächse im Jahr 2005
VON MARTIN TEIGELER
Die Beschäftigten der Städte und Gemeinden sollen stärker nach Leistung bezahlt werden. Gewerkschaft Verdi und Kommunale Arbeitgeber (VKA) sind sich nach langen Verhandlungen um eine Reform des Bundesangestelltentarifvertrags von 1961 näher gekommen. Weniger Beförderungen rein nach Dienstjahren, mehr Flexibilität in der Arbeitszeit – beide Seiten haben sich im Grundsatz auf eine Reform geeinigt. „Wir haben große Erwartungen an das neue Tarifrecht und setzen auf eine Einigung“, sagt Roland Schäfer, SPD-Bürgermeister von Bergkamen und Präsident des Städte- und Gemeindebunds in NRW.
„In wesentlichen Eckpunkten wurden Durchbrüche erzielt“, sagt Arbeitgeber-Verhandlungsführer Ernst-Otto Stüber. Nun müsse Verdi die Eckpunkte intern durchsetzen. „Dann ist die Sache gelaufen“, so der SPD-Rathauschef von Bochum.
Wichtigste Änderung für die Angestellten in den Städten: Künftig sollen sie nicht mehr nach Familienstand und Alter bezahlt werden, sondern stärker nach Leistung. Neu eingestellte Beschäftigte sollen mit attraktiveren Konditionen als bislang in die Amtsstuben gelockt werden können. Bürokratische „Entgelttabellen“ werden vereinfacht oder abgeschafft. Zugleich gilt aber das „Primat der Besitzstandssicherung“: Wer jetzt im öffentlichen Dienst tätig ist, wird nicht weniger Geld bekommen.
Eine pauschale Erhöhung der Wochenarbeitszeit auf 42 Stunden ist vom Tisch – dafür favorisieren beide Seiten flexible Arbeitszeitmodelle. „Künftig könnte es möglich sein, mal kürzer und mal länger zu arbeiten“, sagt Gabriele Schmidt, Verdi-Landesvorsitzende in NRW.
Ob die Reform tatsächlich Anfang 2005 in Kraft treten kann, ist ungewiss. Die Zustimmung der Verdi-Gremien steht noch aus. Zudem gibt es bislang keinen Konsens beim Thema Lohnerhöhungen. Während die Arbeitgeber eine Nullrunde anstreben, kämpft Verdi besonders für die unteren Einkommensgruppen um Lohnzuwächse. Die Forderung nach einer Nullrunde sei „nicht durchsetzbar“, so Verdi-Chefin Schmidt gestern zur taz. Besonders in Bereichen, die das Tarifrecht übernehmen, aber nicht von der Strukturreform betroffen sind, werde es „realistische Forderungen“ nach Lohnerhöhungen geben. Dies gelte etwa für Nahverkehrsunternehmen oder viele Krankenhäuser. Die Gewerkschaftschefin fordert von den Arbeitgebern soziale Verantwortung: „Die Beschäftigten gehen nur positiv in diesen Prozess, wenn sie keine Angst haben, unten durch zu fallen.“