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Archiv-Artikel

rot-rot trotzt demos Augen zu und durch lohnt sich

Wer am Samstag ein letztes Mal gegen Hartz IV demonstrierte und jetzt neueste Umfrageergebnisse liest, muss sich wie der Rufer in der Wüste vorkommen – ungehört. Denn nichts ist mit einem breiten Wählerprotest, einem Abrücken von SPD und der in Berlin Hartz umsetzenden PDS. Zum Abschluss der Demos steht die rot-rote Koalition so gut da wie zuletzt im Dezember 2003 – vor Hartz, vor Tempodrom-Ermittlungen, vor dem Strieder-Rücktritt und vor der Anklage gegen SPD-Senator Sarrazin.

KOMMENTARVON STEFAN ALBERTI

Die Zustimmung zur Koalition steht im umgekehrten Verhältnis zur gesunkenen Teilnehmendenzahl bei den Montagsdemonstrationen. Das bestätigt für Rot-Rot, was für die Bundesregierung und zur Wahl hin auch für die Brandenburger SPD bei der Wahl galt: Ein Standhaftbleiben, ein Augen-zu-und-durch, lohnt sich – in diesem Fall.

Bei vielen Wählern wuchs offenbar der Eindruck: Wenn die auch noch unter Druck und Gefahr des eigenen Untergangs an ihren Reformen festhalten – auf Bundes- wie Landesebene –, dann meinen die das auch ernst. Dann kann es wohl nicht ganz falsch sein. Einen eher kleinen Anteil dürfte die viel zu spät angelaufene Informationsoffensive der SPD haben.

Dass sich der Trend wieder umkehrt, ist nicht zu erwarten. Die ersten Hartz-Bescheide werden weniger für zusätzlichen Ärger als für Überraschung sorgen. Denn mancher, der ab Januar das Arbeitslosengeld II erhält, geht dank vielfältiger Propaganda mutmaßlich noch immer davon aus, dass künftig 345 Euro (West) oder 331 Euro (Ost) fürs komplette Leben reichen müssen. Dass es noch Geld für die Wohnung und die Heizkosten gibt, dürfte längst nicht jedem klar sein. Das wird Alg-II-Empfänger immer noch nicht jubeln lassen. Aber es schürt keinen neuen Protest.