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Archiv-Artikel

Bayern will mehr Stimmen in Kultuskonferenz

Niedersachsen kündigt heute die Kultusministerkonferenz – damit die sich reformiert. Auch Bayern und Nordrhein-Westfalen sind von der KMK genervt. Sie aber wünschen ihr mehr Kompetenzen – und mehr Stimmen für sich

BERLIN taz ■ Die Zukunft der Konferenz der Kultusminister ist bedeutender, als es sich KMK-Rebell Christian Wulff zu träumen wagt. Während Niedersachsens Ministerpräsident heute sein Kabinett über den Ausstieg beschließen lässt, wissen andere, wo der Hase hinlaufen soll. „Die KMK wird mehr Aufgaben bekommen“, sagte der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel (CSU) über das Gremium, das Abstimmungen unter den Ländern in der Schul- und Hochschulpolitik organisiert.

Goppel sagte der taz weiter, es sei bei einer Reform des Einstimmigkeitsprinzips zu klären, „ob künftig die Einwohnerzahl der Länder berücksichtigt wird“. Das hieße, dass – ähnlich wie beim Bundesrat – Länder wie Bayern und Nordrhein-Westfalen mehr Stimmengewicht erhielten.

Bayerns Wissenschaftsminister zeigte sich damit offen für eine Veränderung des als lähmend empfundenen Konsensmodells unter den Kultusministern. Der größere Einfluss für bevölkerungsreiche Länder soll gleichzeitig verhindern, „dass Zufallsmehrheiten entstehen“.

Nordrhein-Westfalens Schulministerin Ute Schäfers (SPD) Äußerungen zielen in die gleiche Richtung. Wenn in der KMK nach Mehrheiten entschieden würde, fühle sich das einwohnerstärkste Land nicht daran gebunden. „Wir würden solche Beschlüsse nicht umsetzen. Das würden wir nie tun“, sagte Schäfer der taz.

Die Schulministerin wies darauf hin, dass sich vieles von der Kritik an Bürokratismus und Föderalismus „auf die KMK konzentriert“. Für sie gelte aber nach Pisa und in Zeiten der Föderalismus-Kommission das Motto: „Nie war die KMK so wertvoll wie heute!“ Genau wie Bayerns Wissenschaftsminister Goppel sieht Schäfer die Notwendigkeit, „mehr klare Vereinbarungen über Ländergrenzen hinweg zu schließen“.

Wenn das niedersächsische Kabinett heute die Kündigung des KMK-Vertrags beschließt, handelt es sich dabei lediglich um ein Abkommen über das Sekretariat der Kultusministerkonferenz. Wird es durch ein Land gekündigt, muss binnen einem Jahr eine neue Geschäftsgrundlage gefunden werden. „Das ist die effektivste Methode“, hieß es in der Landesregierung, „die Reform der KMK zu beschleunigen.“ Für Niedersachsen „ist das Einstimmigkeitsprinzip Teil des Problems der KMK“. Das Land werde darauf drängen, Einstimmigkeit nur in Fragen aufrecht zu erhalten, die unmittelbar in die Kulturhoheit der Länder eingreifen.

Einer der bedeutendsten Föderalismusexperten warnte unterdessen gegenüber der taz davor, den Einstimmigkeitszwang der Kultusminister abschaffen zu wollen. „Dann müsste man die Verfassung ändern, um Bildung zum Hoheitsbereich eines neues Organs zu machen“, sagte der ehemalige Bundesratsdirektor Georg-Berndt Oschatz. „Im Grunde würde man Schulfragen damit aber zentralisieren – das heißt: Es geht nicht.“

Oschatz empfahl, die KMK nicht mehr mit der Anerkennung von Abschlüssen wie dem Abitur zu belasten. Stattdessen sollten die Hochschulen selbst entscheiden, wen sie immatrikulieren wollen. CHRISTIAN FÜLLER