: ThyssenKrupp baut woanders
ISTANBUL dpa/taz ■ Statt neuer Stahlwerke, die mit heimischer Kokskohle der RAG betrieben werden könnten, setzt Deutschlands größter Stahlhersteller ThyssenKrupp lieber auf die Expansion im Ausland. Das Unternehmen prüfe den Neubau eines Stahlwerks mit Investitionskosten von rund 1,5 Milliarden Euro, kündigte der Vorstandsvorsitzende der ThyssenKrupp Steel AG, Ulrich Middelmann, gestern bei der Weltstahlkonferenz in Istanbul an.
Als mögliche Standorte für das neue Werk kämen derzeit Brasilien, Australien oder Russland in Betracht, so Middelmann. Als Standort für das neue Stahlwerk komme Deutschland nach dem derzeitigen Stand der Planungen nicht in Betracht. Die endgültige Entscheidung über die Großinvestition sei noch „eine Frage von Monaten“, sagte Middelmann. Denkbar sei daneben jedoch auch eine „nennenswerte Beteiligung“ an einem bestehenden Werk. „Wir wollen in den nächsten drei bis fünf Jahren bauen und noch in diesem Jahrzehnt produzieren“, kündigte er an. Das neue Stahlwerk werde eine Kapazität von vier bis fünf Millionen Tonnen haben. Standort werde ein „Niedrigkostenland mit lokalen Rohstoffvorkommen“ sein. Dies sei Voraussetzung dafür, dass ThyssenKrupp auch künftig in der „Oberliga der Stahlkonzerne“ weiter mitspielen könne.
Einer möglichen Beteiligung am Neubau einer Kokskohlenzeche im Ruhrgebiet oder an der Erweiterung der Kokerei des RAG-Konzerns Prosper in Bottrop erteilte der ThyssenKrupp Steel-Chef eine klare Absage. „Es werden hinreichend Kokereien gebaut in der Welt“, sagte Middelmann. Auch eine neue Kokskohlen-Zeche in Deutschland, wie von RAG-Chef Werner Müller ins Gespräch gebracht, läge mit ihren Förderkosten im Vergleich „eher auf der teuren Seite“. Middelmann schlug der RAG stattdessen eine Beteiligung an der Kokerei der Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) in Duisburg-Huckingen vor. Ein solcher Ausbau der HKM-Kokerei sei für „unter 300 Millionen Euro“ möglich und böte den Vorteil eines Verbunds mit dem benachbarten Stahlwerk. „Prosper auszubauen, darauf würden wir als Stahlexperten nicht kommen“, sagte er.