: Hock around the clock
Arabische Woche der Wahrheit: Der arabische Nationalsport Nummer eins – Rumsitzen
Der Araber sportelt gern. Das liegt in seiner Natur. Der Araber kann sich also nicht im geringsten dagegen wehren, pausenlos an nichts anderes als an Sport zu denken. Sein Blut lässt nichts anderes zu. Dem Araber fließt der Wille zum Sporteln gewissermaßen rund um die Uhr durch die Glieder. Selbst wenn er schläft, ist er mit Haut, Harem und Hirn Sportsmann.
Dass der Araber pausenlos an nichts anderes als an Sport denkt, ist womöglich ein Kreuz und hilft der Demokratie nicht auf die Sprünge, aber es ist so. Es ist schlechterdings unabänderlich, und diese Unabänderlichkeit geht, wie die Koranschulen kürzlich feststellen konnten, auf einen Entschluss Allahs zurück, das beweist schon allein die legendäre Mannes- und Spannkraft des Propheten Mohammed.
Weil der Araber nun also zweifellos als der geborene Sportler unter allen Kindern Gottes angesehen werden muss, wird diese durch die UN gedeckte Erkenntnis mittlerweile auch von den arabischen Medien immer stärker ins Bewusstsein selbst der unterentwickeltsten Massen und Rassen auf dem Lande am Nil und in den Wüsten Saudistans getragen. Allerdings konzentriert man sich in Arabien vornehmlich auf die traditionell hier beheimateten Sportdisziplinen. Zu ihnen zählen das scharfe Nachdenken über nichts, das Teekochen im Geiste (oder durch die Frauen), das Kratzen des Sackes und das Herumhocken. Besonders das Herumhocken hat sich über die Jahrhunderte hinweg zu einem derart einnehmenden sportlichen Ausdruck des arabischen Volkscharakters entwickelt, dass die arabischen Nationen im 20. Jahrhundert beschlossen, die Arabische Liga zu gründen.
In der Arabischen Liga sind die vornehmsten Vertreter, das heißt Manager und Mentaltrainer aller 22 arabischen Regierungsmannschaften versammelt. Sinn und Zweck der Arabischen Liga sind die Pflege und Weiterentwicklung des Sports, die Verankerung des Nationalsports im Koran und die Entwicklung geeigneter Maßnahmen zur globalen Verbreitung des arabischen Sportgedankens.
Um diesen sport- und sicherheitspolitischen Eckpunkten und Zielen einen für alle Welt sichtbaren Ausdruck zu verleihen, treffen sich die Vereinspräsidenten in unregelmäßigen Abständen an einem nach ausreichend langen Vorbereitungsgesprächen und Sitzungen bestimmten Tagungsort und sitzen dort einige Tage lang herum. Auf einem dieser Hock-ins wurde das Herumhocken übrigens auch in den Stand des ersten National- respektive Völkersports erhoben und damit amtlich gemacht.
Jüngst sind von der Arabischen Liga im Zuge der panarabischen Einigungsbewegung (wobei das Wort Bewegung hier vielleicht nicht recht am Platz ist) neue Statuten für das regelkonforme Rumsitzen verabschiedet worden. Die so genannten Kairoer Beschlüsse sind gemäß der berühmten unerbittlichen Aussitzermentalität der Arabischen Liga für alle 22 arabischen Rumhockervölker ab sofort verbindlich. Bei Nichtbefolgung dieser Regularien, die für den sportlichen Wettkampf ebenso gelten wie für Trainingseinheiten unter Ausschluss der Öffentlichkeit und der Polizei, droht das Abhacken des linken Beines oder desjenigen Beines, das beim Sitzen falsch postiert oder bewegt wurde. Im Falle einer „alle Vorstellungskraft übersteigenden maß- und gottlosen Regelüberschreitung“ wird zudem das Abfackeln des breit gesessenen Arsches angeordnet.
Es muss genügen, die wichtigsten Regeln kurz aufzulisten. 1) Das Sitzen erfolgt immer ohne Stuhl und vorzüglich auf einem hinreichend gemusterten, weichen, dicken Teppich, der den Steiß vor Verschleiß schützt. 2) Die Beine sind beim Sitzen stillzuhalten. Scharren mit den Füßen bleibt in Grenzen sittlich und erlaubt. 3) Wird nach dem Pfiff des Stuhlschiedsrichters ein Bein über das andere geschlagen und dabei den auf der Straße an dem oder den Sitzenden vorübergehenden Frauen der Blick auf die Scham eines oder mehrerer Sitzenden freigegeben, wird dasjenige Bein, das über das ruhende Bein geschlagen wurde, abgeschlagen. 4) Ferner gilt: Niemand und nichts geht, außer dem Mundwerk.
Da das Herumhocken in Arabien jetzt also im modernen Sinne kodifiziert worden ist und sämtlichen formalen Ansprüchen der neuzeitlichen Sportausübung Genüge leistet, erscheint es nur folgerichtig, dass die Arabische Liga beim IOC den Antrag gestellt hat, eine „Champions League der Sitzer“ ausrichten zu dürfen und das Herumsitzen künftighin zur olympischen Disziplin zu ernennen.
Das IOC sitzt die Angelegenheit noch aus. Den arabischen Nationen ist jene Standhaftigkeit und jenes Sitzfleisch zu wünschen, die nötig sein werden, um den ältesten Nationalsport des Morgenlandes 2036 endlich mit olympischen Weihen versehen zu können – auf dass der Araber nicht weiterhin als der ewige Hinterbänkler und Sitzenbleiber unter den besten Völkern der Erde angesehen werde.
Allah, allez! Auf die Plätze, fertig – sitz! JÜRGEN ROTH