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Archiv-Artikel

von hartz zu gaga Große Koalition für kleine Löhne

Gestern war Tag III der amtlichen Prognosen. Am Dienstag legten die sechs führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihr Herbstgutachten vor. Am Mittwoch beschäftigte sich das gesamte Kabinett mit der ökonomischen Zukunft der Republik. Gestern nun präsentierten Wirtschaftsminister Clement und Finanzminister Eichel ihre Prognosen. Wenig überraschend: Die Daten waren immer die gleichen. 1,7 Prozent Wachstum soll es im Jahr 2004 geben. Die Zahl der Arbeitslosen dürfte sich kaum verändern.

Kommentarvon ULRIKE HERRMANN

Einmal allerdings wich Wolfgang Clement von den Wirtschaftsforschungsinstituten ab. Die sechs hatten davor gewarnt, die Wirkungen der Hartz-Reformen „zu hoch“ einzuschätzen. Da konterte der Wirtschaftsminister entschieden: Er sei „etwas optimistischer“. Die Wette steht also sechs zu eins, ob die neuen Arbeitsmarktgesetze viel bringen.

Es sieht nicht so aus, als würde Clement sein riskantes Spiel gewinnen. Gestern, so ganz nebenbei, musste er nämlich eingestehen, dass ein Teil der Hartz-Reformen bereits gescheitert ist. Das Programm „Kapital für Arbeit“ wurde faktisch eingestellt. Ursprünglich sollte es jährlich 100.000 Arbeitslose auf feste Stellen vermitteln; dieses ehrgeizige Ziel reduzierte die Regierung zwischendurch schon auf 50.000 Jobs. Am Ende waren es ganze 8.027 Stellen, die registriert werden konnten. Und wer weiß, ob diese Arbeitsplätze nicht auch ohne verbilligte Kredite entstanden wären?

Sollten die Wirtschaftsforscher Recht behalten mit ihrem Pessimismus, dann dürfte „Hartz“ bald auf der Halde der verpönten oder vergessenen Begriffe landen. Dort lagern schon „ABM“, „SAM“, „Jobaqtiv“, „Vorruhestand“ oder „Kombilohn“.

Es ist bizarr: Bisher konnte keine Reform die Arbeitslosen wegreformieren – dennoch sind die meisten Politiker und Wähler überzeugt, dass man nur lange genug suchen muss, um endlich ein Patentrezept zu finden. Also werden sie sich nach neuen Heilsversprechen umsehen.

Das hat die Union längst im Angebot: einen umfassenden Niedriglohnsektor. Weg mit dem Flächentarifvertrag, der Lohndumping verhindert. Weg damit, dass ehemalige Langzeitarbeitslose den ortsüblichen Lohn erhalten. Clement wird sich einer großen Koalition der Ideen nicht verschließen. Auf „Hartz IV“ folgt „GA I“ (Gemeinschaftsanstrengung eins). Diese Wette kann man getrost eingehen. Allerdings dürften sich die Reformer ein anderes Kürzel suchen – das nicht an „gaga“ erinnert.