: „Klima der Einschüchterung“
Aktionstag „Halbzeit, Ende, Aus“ gegen den Rechtssenat zu dessen Regierungshalbzeit. TeilnehmerInnen: Demonstrationsrecht ist faktisch ausgehebelt. Rund 500 AfghanInnen protestieren gegen Abschiebungen
von KAI VON APPENund SARAH KALAGI
„Halbzeit, Ende, Aus!“ Unter diesem Motto haben gestern verschiedene Initiativen anlässlich der Halbzeit des Rechts-Senates gegen dessen „Politik der Stigmatisierung und Ausgrenzung von Randgruppen und Nichtverdienern“ demonstriert. Der gesellschaftliche Konsens, dass auch hilfsbedürftige Menschen ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben und Teilhabe an der Gemeinschaft haben, „wird bewusst verlassen“, hieß es in der Erklärung des Bündnisses, das zum Aktionstag aufgerufen hat.
Am Vormittag veranstalteten MitarbeiterInnen von Flüchtlingsberatungsstellen eine politisch-satirische Bustour zu den „schönsten Stätten der Hamburger Abschiebepolitik“: dem Institut für Rechtsmedizin am UKE, wo Brechmittel an schwarzafrikanische mutmaßliche Drogendealer verabreicht werden, sowie zum neuen Ein- und Ausreiselager „Bibby Altona“ in Neumühlen. Auf ihrer Tour trafen die TeilnehmerInnen mit rund 500 AfghanInnen zusammen, die vor der Ausländerbehörde gegen Abschiebungen demonstrierten (siehe Kasten).
Beim Go-In „Knocking on Nockemann‘s Door“ klopften rund 50 DemonstrantInnen aus Protest gegen die Aushöhlung des Demonstrationsrechts bei Hamburgs Innensenator Dirk Nockemann am Johanniswall an. „Wer heutzutage auf einem repräsentativen Platz demonstrieren will, bekommt schnell einen Knüppel über den Kopf, wird von Wasserwerfern von der Straße gespült oder verbringt die Nacht in der Zelle“, monierten die TeilnehmerInnen. Die „restriktiven Maßnahmen“ dienten vor allem dazu, „ein Klima der Einschüchterung zu schaffen, damit sich die Leute gegen die antisoziale Politik nicht wehren,“ so ein Vertreter der „Hamburger Erklärung für Versammlungsfreiheit“. Im Interesse des Einzelhandels, der ungestörtes Shopping in der City verlange, gebe es dort seit einem Jahr faktisch ein Demonstrationsverbot. Dabei wüssten „die Polizeistrategen genau, dass das nicht rechtens ist“.
Um mit den Demonstrationen Gehör zu finden, wurde die Form der Meinungskundgabe anderenorts extra amerikanisiert: Rund zwei Dutzend MitarbeiterInnen und KlientInnen von Kinder- und Drogeneinrichtungen demonstrierten auf dem Hachmannplatz im Kreis laufend für den Erhalt von sozialen Einrichtungen: „Keine Kinder hinter Gittern“, „Mehr Wohnraum für Jugendliche“ und „Fix(stern) für Hamburg“ lauteten die Forderungen.
Das Resümee am Ende des Tages: Die Senatspolitik sei menschenverachtend. „Diese Sozialpolitik zielt auf kurzfristige und vermeintliche ‚Einsparungen‘, wird aber in der perspektivischen Entwicklung unüberschaubare Kosten verursachen“, so die TeilnehmerInnen. Daher müsse Widerstand geleistet werden. „Armut muss bekämpft werden, nicht die Armen.“