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Archiv-Artikel

Parkplatz zu Güllewiese

Die Stadt Essen wehrt sich gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster: Demnach muss ein riesiger Parkplatz wieder zu Ackerland werden

Die Stadt will für den Parkplatz bis vors Bundesverwaltungsgericht ziehen

VON ANNIKA JOERES

Die Stadt Essen will nicht bäuerlicher werden: Eigentlich muss sie fünftausend Parkplätze auf den Ruhrhöhen zu Ackerland umwandeln. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hatte Ende vergangener Woche entschieden, dass ein erst 2003 fertig gestellter Parkplatz für die Messehallen illegal ist. Die knapp acht Millionen Euro teure Betonwüste entstand in einem Landschaftsschutzgebiet. „Damit ist der städtische Bebauungsplan außer Kraft, er ist praktisch nicht mehr vorhanden“, sagt Martin Schnell, Sprecher des OVG. Eine Revision lehnte das Gericht ab. Stadt und Messe laufen Sturm gegen die Entscheidung.

Für Joachim Henneke, Geschäfsführer der Messe Essen, ist das ein „Urteil ohne jedes Augenmaß“, sagt er aufgebracht. Er ist sich sicher, dass die Stadt gegen die Nichtzulassung der Revison vor dem Bundesverwaltungsgericht klagen wird. Das Verfahren könne sich also hinziehen. „Bis Ostern können unsere Kunden weiterhin dort parken.“ Henneke sieht sich einer Verschwörung gegenüber. „Die klagende Anwohnerin ist nur eine Strohfrau, dahinter stecken noch ganz andere Kreise“, vermutet er. Wer ein Interesse daran haben könnte, versteckt den Parkplatz zu verhindern, kann Henneke allerdings auch nicht sagen.

Die Messe Essen, eine hundertprozentige Tochter der Stadt, zieht im Jahr etwa zwei Millionen BesucherInnen an, vor allem die Pferdemesse Equitana und die Motorshow sind beliebt. Die angrenzenden Parkplätze waren nie ausreichend, jahrelang suchte die Stadt nach Alternativen, bis eine Koalition aus SPD und CDU den Parkplatz im Grünen durchboxte. „Ohne ihn wäre die Verkehrssituation richtig schlimm“, sagt Essens Sprecher Detlev Feige. Besucher aus aller Welt ohne jede Ortskenntnis würden ansonsten stundenlang einen Abstellplatz für ihr Auto suchen und bis an den Baldeneysee runter parken. Feige zeichnet ein idyllisches Bild der Betonfläche. Der Parkplatz sei zwar riesig, aber trotzdem ganz schön: „Durch die Rastersteine kommt viel Grün, wir haben Bäume und Büsche gepflanzt und er ist beleuchtet.“ Auch Feige glaubt, dass sich eine endgültige Entscheidung hinziehen wird. „Wir wollen der Messe nicht abrupt ihre Plätze wegnehmen.“ Jetzt müssten ein paar schlaue Leute lange überlegen, wie die Stadt mit dem Urteil umgehen solle, erst einmal werde die Begründung abgewartet. „Ist doch alles Spekulation“, sagt Feige.

Die Essener Grünen wollen nicht spekulieren, sie fordern eine sofortige Umwandlung des Parkplatzes. „Wir waren von Anfang an gegen das unsinnige Projekt“, sagt Joachim Drell, Geschäftsführer des Essener Kreisverbandes. CDU und SPD hätten einfach darauf gesetzt, dass niemand aufmerkt. „Sie haben sich für die billigste und risikoreichste Möglichkeit entschieden.“ Dabei hätten sich sogar die Autofans der FDP gegen das Bauvorhaben im Schutzgebiet ausgesprochen. Jetzt müsse konsequent zu einer naturbelassenen Landschaft zurückgebaut werden. Als Alternative schlagen die Grünen verbesserten Park and Ride-Service und ein Parkhaus an der Messe vor.

„Alles dummes Zeug“, sagt Messechef Henneke. Es gebe keine Alternative. Über zehn Jahre lang hätten Dutzende von Leuten alle möglichen Standorte geprüft und analysiert, die Essener Ruhrhöhen sei der beste von allen gewesen. Sowieso sei das ja auch vorher kein idyllischer Hain gewesen, sondern ein Acker mit Gülle.