: Runtergewirtschaftet
Bei der Stichwahl am Sonntag muss CDU-Bürgermeisterin Maria Theresia Opladen in Kölns Nachbarstadt Bergisch Gladbach um ihren Posten bangen
von Silke Freude
In Kölns nobler Nachbarstadt Bergisch Gladbach wählt man eigentlich CDU. Zumindest in den teuren Stadtteilen wie Bensberg gehört die Stimme für die Union seit Jahrzehnten zum guten Ton. „Es wäre sensationell, wenn sich das am Sonntag ändert“, amüsiert sich die grüne Fraktionsvorsitzende Magda Ryborsch schon heute. Die Chancen stehen gar nicht schlecht. Denn bei der diesjährigen Bürgermeisterwahl hat sich der Wind gedreht. Stillstand, Abzocke und Misswirtschaft stoßen den Bergisch Gladbachern sauer auf. Die Schuld an der schlechten Stimmung wird nicht zuletzt der Bürgermeisterin Maria Theresia Opladen gegeben. Das zeigte ihr erdrutschartiger Stimmenverlust beim ersten Wahltermin am 26. September. Die CDU-Frau verlor im ersten Wahlgang knapp 21 Prozentpunkte und landete bei mageren 38,5 Prozent. Ihr roter Konkurrent Klaus Orth trumpfte dagegen mit 34,8 Prozent auf. Nur vier Prozent Vorsprung – die morgige Stichwahl ist eine Zitterpartie.
Die Grünen haben den Wählern bereits den SPD-Mann Orth ans Herz gelegt. Der 51-jährige Diplom-Ökonom und Leiter der Kölner Drogenhilfe ist hoch motiviert. Er will die wechselwilligen Wähler mobilisieren. Dass Orth dabei von Opladens Unbeliebtheit profitiert, gibt er gerne zu. „Die Stichwahl wird in erster Linie eine Contra-Opladen-Wahl“, hatte der Kandidat nach dem ersten Urnengang erklärt.
Selbst aus der CDU bekommt der Sozialdemokrat im Kampf um die Stichwahl indirekt Unterstützung. Allerdings zielte der Angriff von CDU-Amtsvorgänger Franz Karl Burgmer auf Opladen so tief unter die Gürtellinie, dass er der angeschlagenen Bürgermeisterin vielleicht schon wieder nützt. In der Bergischen Landeszeitung war nach der Wahl ein Bild erschienen, das Opladen und die grüne Spitzenkandidatin Magda Ryborsch innig Arm in Arm zeigte. Burgmer geiferte in einem Leserbrief, das sei „politische Prostitution“. Opladen selbst gibt dazu keinen Kommentar. Aber Ryborsch: „Man ist doch nicht immer nur Politiker, sondern auch mal Mensch“, erklärt sie. „Ich wollte ihr nur Mut zusprechen wegen des schlechten Ergebnisses.“
Die Liste der Verfehlungen unter Opladens Regie ist beträchtlich. Als größter Brocken gilt ihr Versuch, das gemeindliche Klärwerk über Cross Border Leasing zu veräußern – mit einer CDU-Fraktion im Rücken, die dank absoluter Mehrheit den Rat beherrschte. Nur ein Bürgerentscheid konnte die Pläne stoppen. Danach stiegen die Abwasserpreise um vierzig Prozent an – jetzt wurde mit den „Bürgern für Bergisch Gladbach und Bensberg“ sogar eine Protestpartei gegen die Gebührenerhöhung in den Rat gewählt.
Opladen reagiert jetzt, wenn auch vielleicht zu spät: Sie will den ablehnenden Bescheid auf die Einsprüche gegen Gebührenerhöhung noch einmal überprüfen. „Es kann nicht sein, dass wir 300 Bürger in den Prozess treiben“, räumt sie ein.
Auch bei der Innenstadtplanung gibt es ein Problem: dass sie nicht über das Stadium der Planung hinausgelangt. Während in der Fußgängerzone die meisten Läden schon um halb sieben schließen, öffnen die Supermärkte vor den Toren der Stadt bis 20 Uhr und machen durchaus Umsätze. Um die Innenstadt wieder zu beleben, haben gleich zwei lokale Investoren ihr Angebot vorgelegt: Der erste, Michael Hahn, will auf dem Grundstück des stillgelegten Busbahnhofs ein neues Einkaufscenter namens „Gladium“ errichten. Doch seit Monaten tut sich nichts. Der zweite, Immobilienkaufmann Theo Becker, will seit Jahr und Tag an der Unteren Hauptstraße ein neues Shoppingparadies bauen. Die Verwaltung konnte sich angesichts der beiden Projekte nicht entscheiden, gab lieber ein weiteres Gutachten in Auftrag. Kürzlich langte es Beckers Investmentpartner: Er zog sich zurück. Jetzt ist Becker wütend auf die städtische Führung: „Für mich ist Frau Opladen nicht mehr wählbar. Es fehlt ihr an Durchsetzungsvermögen gegen diesen Bauverhinderer, den Dezernenten Stephan Schmickler“, wettert er. Auch wenn Becker sein Geschäftsinteresse verfolgt: Mit seiner Kritik am Stillstand im Rathaus spricht er vielen Gladbachern aus dem Herzen.