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Archiv-Artikel

Helm oder nicht Helm

Vier Radfahrer starben in Berlin innerhalb von nur drei Wochen. Nun will die Berliner CDU die Helmpflicht

Insgesamt starben in diesem Jahr schon 21 Radfahrer auf Berlins Straßen, davon allein vier in den vergangenen drei Wochen: Am 23. September wurde ein 38-jähriger Radfahrer in Pankow von einem Auto angefahren. Er starb kurz darauf im Krankenhaus. Ein Tag später überfuhr ein Pkw-Fahrer einen 7-jährigen Jungen in Prenzlauer Berg. Am 4. Oktober verletzte ein immer noch flüchtiger Autofahrer eine 29-jährige Radlerin in Friedrichshain tödlich. Am 13. Oktober dann der Unfall in Spandau.

Nun fordert der Berliner Bundestagsabgeordnete Roland Gewalt (CDU) eine allgemeine Helmpflicht. Auch der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Alexander Kaczmarek, schloss sich der Forderung an. Gewalt hofft dabei auf die Einsicht der Betroffenen. „Es geht ja nicht darum, Radfahrer zu drangsalieren, sondern der Helm dient dem eigenen Schutz.“

Der Landesvorsitzende des ADFC, Benno Koch, kann angesichts solcher Forderungen nur den Kopf schütteln: „Wenn einem ein Lkw über die Brust rollt, dann hilft auch kein Helm.“ Außerdem habe eine Untersuchung in Australien gezeigt, dass seit der Helmpflicht viel weniger Leute aufs Rad steigen.

Auch Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, hält die Helmpflicht für das falsche Signal: „Das impliziert, dass die Radfahrer selber schuld sind.“ Dabei lägen die Ursachen ganz woanders: Vor allem Autofahrer müssten mehr Rücksicht nehmen.

Für Michael Zeilbeck, den Leiter der Unfallbekämpfung der Polizei, ist der Helm dagegen „eine sinnvolle Erfindung, besonders für empfindliche Kinderköpfe“. Aufzwingen kann und will er den Helm aber niemandem: „Jeder muss selbst entscheiden, was ihm wichtiger ist: der Schutz des Kopfs oder die Frisur.“ So sieht das auch Verkehrssenator Peter Strieder, der sich bereits gegen eine gesetzliche Helmpflicht aussprach.

Bei aller Diskussion um den Helm herrscht über die Ursachen schwerer Fahrradunfälle weitgehend Einigkeit: Neben falscher Fahrbahnbenutzung durch die Radfahrer selbst ist da vor allem das Problem des toten Winkels beim Rechtsabbiegen. „Der ist bei Lastern so groß, dass ganz Schulklassen darin verschwinden“, sagt Benno Koch. Dabei könne man dem leicht abhelfen, indem man einen vierten Außenspiegel für Lkws einführe, wie er in den Niederlanden längst Pflicht sei.

Wie die Unfallgefahr langfristig gesenkt werden kann, zeigen Statistiken aus der Fahrradstadt Amsterdam: Dort stellen Radfahrer rund 50 Prozent des Innenstadtverkehrs, im Vergleich zu etwa 10 Prozent in Berlin. Trotzdem verunglückten im vergangenen Jahr nur vier Radfahrer tödlich. Es gilt also: Je mehr Radler unterwegs sind, desto geringer ist das Unfallrisiko.

MEIKE RÖHRIG