: Erpressung mit Schweinen bei Hühnern
Die CDU-Landwirtschaftsminister streiten mit Bundes-Verbraucherschutzministerin Renate Künast um die Käfighaltung von Legehennen. Der Drahtkorb darf nicht höher als 52 Zentimeter sein, fordern sie. Sonst könne man damit kein Geld verdienen
VON JÜRGEN VOGES
Nach halbjährigem Waffenstillstand ist der Streit um die Käfighaltung von Legehennen erneut voll entbrannt. Die unionsregierten Länder haben auf einer Agrarministerkonferenz im niedersächsischen Warberg einen Kompromissvorschlag von Bundes-Verbraucherschutzministerin Renate Künast abgelehnt und versuchen nun erneut, das ab 2007 in Deutschland geltende Verbot der Käfighaltung von Legehennen doch noch zu kippen. Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Hans-Heinrich Ehlen (CDU) und seine Unions-Kollegen bringen Künast in Bedrängnis, indem sie die Anpassung einer deutschen Verordnung zur Schweinehaltung an EU-Recht von einem Nachgeben Künasts beim Verbot der Käfighaltung abhängig machen.
Künast stehe ja „bei den Schweinen unter Druck“, sagte Ehlen gestern in Hannover. Da die Anpassung der Richtlinie zur Schweinehaltung an EU-Recht seit fast zwei Jahren überfällig sei, erwarte er, dass die EU bald im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahren ein Bußgeld gegen Deutschland verhängen werde. Man reche mit „rund 750.000 Euro pro Tag“, die der Bund dann an Brüssel zu zahlen habe, meinte Ehlen.
Über das aus Brüssel drohende Bußgeld wollen die CDU-Länder Künast zwingen, das Verbot der Käfighaltung so abzuschwächen, dass eine in Niedersachsen entwickelte, nur 52 Zentimeter hohe Kleinvoliere auf Dauer erlaubt bliebe. Künast sieht in dem niedersächsischen Modell allerdings nur einen „ausgestalteten Käfig“. Eine Voliere müsse zumindest so viel Platz bieten, dass die Hennen auf einer Stange sitzen und sich unter der Stange noch bewegen könnten, sagte sie nach der Agrarministerkonferenz am Donnerstagabend
Mit der harten Haltung der Ländermehrheit lebt ein Streit wieder auf, den die Agrarminister eigentlich auf ihrer letzten Konferenz im März in Osnabrück bereits beigelegt hatten. In Osnabrück einigten sich Künast und ihre Länderkollegen auf eine Kleinvoliere als Kompromissmodell für die Hennenhaltung. Als Künast aber nun im niedersächsischen Warberg dem vereinbarten Kompromiss Gestalt verlieh und eine 105 Zentimeter hohe Kleinvoliere präsentierte, war dieser halb mannshohe Hennenkäfig den unionsregierten Ländern noch viel zu groß. „Was nützt es, wenn man was vorschreibt, und damit kann man kein Geld verdienen“, so Ehlen.
Der schwergewichtige Niedersachsen will die Eierproduzenten vor Investitionen in neue Ställe bewahren und daher die Käfige so flach halten, dass drei davon übereinander in die bereits vorhandenen Hennenställe passen. Die Ställe seien in der Regel rund 2,50 Meter hoch. Da auch noch Platz für Belüftung und Sicht bleiben müsse, dürften die Käfige nicht höher als 50 bis 55 Zentimeter sein, wenn drei übereinander stehen sollten.
Künast wirft den unionsregierten Ländern nun Erpressung vor. Schon von den Kleinvolieren sei sie nicht begeistert und habe diese „nur auf Grundlage von Erpressung“ als Kompromiss vorgeschlagen, meinte sie nach der Agrarministerkonferenz in Warberg. Unterstützt wurde Künast auf der Konferenz nur von den beiden grünen Landwirtschaftsministerinnen aus Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein.