Taktiker der Minderheit: Hermann-Josef Arentz

Der Kölner Landtagsabgeordnete Hermann-Josef Arentz ist die Symbolfigur des CDU-Arbeitnehmerflügels – doch nach anfänglichem Protest schwieg er zu Sozialabbau und Hartz. Jetzt redet „Hejo“ Arentz wieder und macht erneut Druck

Seit Wochen war ausgerechnet von ihm nichts mehr zu hören: Hermann-Josef Arentz, Bundesvorsitzender der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), beugte sich dem Machtwort Angela Merkels. Bei einer CDA-Bundesvorstandssitzung in Dortmund hatte die CDU-Bundesvorsitzende Anfang September deutliche Worte gefunden – und prompt schwieg Arentz, bisher neben SPD-Renegat Oskar Lafontaine und PDS-Ikone Gregor Gysi einer der wortgewaltigsten Kritiker der Arbeitsmarktreformen der SPD-geführten Bundesregierung, zu drohendem Sozialabbau und Anti-Hartz-Demonstrationen. Zuvor aber hatte der 51-jährige Katholik erklärt, Hartz werde zu „einer sozialen Katastrophe“ führen: „Es ist schamlos, was mit den Menschen gemacht wird.“

Jetzt redet Arentz wieder – Hartz ist beschlossen, fast schon Geschichte, und der Symbolfigur der CDA geht es um Grundsätzliches: Zur Debatte steht für den einstigen Mitarbeiter der Katholischen Arbeiterbewegung die Mehrheitsfähigkeit der Union. Die CDU müsse „die wachsende Spaltung zwischen Reich und Arm“ stoppen, schrieb er am Mittwoch in einem Debattenbeitrag für die Frankfurter Rundschau, zugleich Werbung für sein gerade erschienenes Buch „Sozialstaat im Härtetest“. Sonst werde „es einen kräftigen Linksrutsch oder eine Radikalisierung der Wähler“ geben, warnte Arentz pünktlich vor der ersten sozial- und wirtschaftspolitischen Regionalkonferenz der CDU im westfälischen Hamm.

Dort legte „Hejo“ Arentz, der in Köln Geschichte und Sozialwissenschaften studiert hat, noch einmal nach. Die Stärke der Christdemokraten sei ihre breite Verankerung, „sonst werden wir zur FDP, und die kriegt sieben Prozent“ – geschickt nutzt der zweifache Vater die wachsende Verunsicherung vieler Mitglieder gerade der Basis über den sozialpolitischen Kurs der Parteispitze. Außerdem setzt der zweifache Vater auf Bayern: Seit Wochen leistet sich die CDU-Führung um Merkel und den als „Gewerkschaftshasser“ kritisierten Finanzexperten Friedrich Merz einen Dauerclinch mit der CSU um ein sozialeres Profil, etwa im Streit um Merkels Projekt einer einheitlichen Kopfpauschale im Gesundheitswesen.

Arentz taktiert, denn er ist in der Minderheit: Seine CDA verfügt zwar über 25.000 Mitglieder, doch Hausmacht sieht in der über 590.000 Menschen zählenden CDU anders aus. Außerdem ist Arentz im Gegensatz zu seinem Vorgänger Norbert Blüm, der dem Kabinett Kohl als Arbeitsminister 16 rekordverdächtige Jahre angehörte, gerade auf Bundesebene nur schwach vertreten: Er gehört Vorstand und Präsidium der Bundespartei an, verfügt aber nur über ein Landtagsmandat. Gut möglich, dass Arentz bald wieder schweigt.

ANDREAS WYPUTTA