: „Das Essen war gut, die Atmosphäre auch“
Der erste Zuwanderungsgipfel seit dem Bundesrats-Eklat: Wie lief er aus Sicht der Beteiligten? Eine taz-Umfrage
BERLIN taz ■ Zum ersten Mal seit dem Eklat im Bundesrat im März 2002 haben sich Vertreter von Regierung und Opposition am Samstag getroffen, um über das Zuwanderungsgesetz zu verhandeln. Fünf Stunden lang. Im Bundesinnenministerium bei Otto Schily (SPD). Konkrete Ergebnisse gab es nicht. Alle Seiten waren sich aber einig, dass man weiter miteinander reden sollte. Um das Gesetz durch den Bundesrat zu bringen, braucht Rot-Grün die Zustimmung der Union. Die nächste Verhandlung ist am 14. November. Die taz hat die Experten der beteiligten Parteien nach ihren ersten Eindrücken befragt.
taz: Wie war die Atmosphäre?
Wolfgang Bosbach (CDU): Sehr sachlich und überwiegend konstruktiv auf beiden Seiten.
Dieter Wiefelspütz (SPD): Professionell. Das sind ja alles politisch erfahrene Leute.
Volker Beck (Grüne): Es gab konstruktive Phasen, aber man hat gespürt, dass wir noch sehr weit auseinander liegen.
Max Stadler (FDP): Ich habe immerhin den Eindruck, dass das echte Verhandlungen sind.
Wie bewerten Sie das Ergebnis der ersten Runde?
Bosbach: Das Essen war gut, die Atmosphäre auch. Einen Fortschritt in der Sache – nein.
Wiefelspütz: Es ist viel zu früh, um eine Bewertung abzugeben. Aber es hat sich gelohnt.
Beck: Es ist noch alles offen. Nur an manchen Punkten gab es einen Silberstreif am Horizont. Der Verlauf des Gesprächs rechtfertigt es aber, die Bemühungen um eine Einigung fortzusetzen.
Stadler: Es gab ja noch keine Festlegungen. Jetzt müssen alle Seiten untereinander reden – die SPD mit den Grünen, die CDU mit der CSU und ich mit mir selbst.
Ist der Vorsitzende der Arbeitsgruppe im Vermittlungsausschuss, Peter Müller (CDU), denn als Schlichter geeignet?
Bosbach: Ja. Er macht das mit der Gelassenheit eines tibetanischen Bettelmönches.
Wiefelspütz: Es geht nicht um Schlichten, sondern um ein vernünftiges Gesetz. Müller hat zum guten Klima beigetragen. Wir haben uns nicht angebrüllt.
Beck: Von der Position her ist Peter Müller hundertprozentig Union. Aber er ist ein freundlicher Gesprächsführer.
Stadler: Seine Verhandlungsführung ist tadellos. Aber man muss dann sehen, von wem die Entscheidungen getroffen werden.
Wo sehen Sie am ehesten Einigungschancen?
Bosbach: Beim Kindernachzugsalter und bei der Integration.
Wiefelspütz: Ich werde den Teufel tun und jetzt Details nennen.
Beck: Das zu sagen, wäre unklug, solange noch verhandelt wird.
Stadler: Schwer abzuschätzen. Im Moment wird der Streit oft noch auf semantischer Ebene ausgetragen, wie bei der Frage, Anwerbestopp ja oder nein.
Was muss am Ende stehen, damit Sie zustimmen?
Bosbach: Ein Gesetz, dessen Inhalt der Überschrift entspricht, also mit Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung.
Wiefelspütz: Ein vernünftiges Gesetz mit Steuerungsinstrumenten, das für mehr Integration sorgt und humanitäre Verpflichtungen erfüllt.
Beck: Ein Gesetz, das besser ist als das heutige Recht. Das bedeutet auch eine Modernisierung der Arbeitsmigration. Wenn man diesen zentralen Punkt aufgibt, wäre das Gesetz gescheitert.
Stadler: Am besten so etwas Ähnliches wie der FDP-Entwurf, also mit einer Jahreshöchstquote bei der Zuwanderung.
UMFRAGE: LUKAS WALLRAFF
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