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Archiv-Artikel

Kartoffelsuppe Südhang

Erntedankfest im Schanzenpark gegen Baumrodung für Hotelpläne. Schwelender Streit zwischen Investor und SchülerInnen, die für ein Radioprojekt in den Wasserturm durften

Im Schanzenpark haben gestern AktivistInnen gegen die Umstrukturierung des Schanzenviertels aufgrund der Messeerweiterung zu einem Erntedankfest geladen: Am Südhang des historischen Wasserturms, der zu einem Hotel umgebaut werden soll, ernteten sie am Muttertag ausgesäte Kartoffeln, die als Protestaktion wegen der Rodung von Bäumen gepflanzt worden waren. Noch vor Ort wurden die Erdäpfel für Kartoffeldrucke auf T-Shirts genutzt, bevor sie zur herbstlichen Kartoffelsuppe verkocht wurden. Trotz mehrfacher Ankündigungen über einen bevorstehenden Baubeginn hat sich der Umbau immer wieder verzögert.

Indes versucht der Hotel-Investor, die Patrizia Immobilien aus Augsburg, den Eindruck zu vermitteln, dass die Umbaupläne auf immer mehr Zustimmung stoßen. So lud sie nach einer Interview-Anfrage kurzerhand drei Schüler-Redakteurinnen von „School‘s out!-Radio“, einem Radio-Projekt des Eimsbüttler Helene-Lange-Gymnasiums, zu einem Besuch im Wasserturm ein. Die drei recherchierten für einen Radiobeitrag über das Pro und Contra des Umbaus, der im Freien Sender Kombinat (FSK) gesendet werden sollte.

Diese Stippiviste nutzte Patrizia, um mit diesem Besuch auf der Homepage zu werben: „Noch in diesem Jahr soll der Beitrag über den Umbau des einzigartigen Turms im lokalen Radiosender FSK zu hören sein“, heißt es dort. „Wir sind echt beeindruckt“, werden die Reporterinnen zitiert und der Eindruck vermittelt, sie seien von den Umbauplänen begeistert: „Das glaubt uns keiner, dass wir hier drin waren.“

Am Freitag strich Patrizia die Passage über das FSK, nachdem sich herausgestellt hat, dass der Beitrag vermutlich bei Tidenet – dem Nachfolger des Offenen Kanals – ausgestrahlt werden soll. „Wir hatten keinen Anlass, das nicht zu glauben“, beschwichtigt Patrizia-Sprecherin Astrid Schüler. „Wir kennen uns hier in Augsburg mit Hamburger Lokalsendern nicht aus.“ Der Internet-Auftritt sei mit den SchülerInnen „natürlich“ abgesprochen gewesen: „Schließlich war das die absolute Ausnahme. Aus Sicherheitsgründen sind Führungen normalerweise nicht möglich.“

Das sieht „School‘s out!-Radio“ anders. „Das geht überhaupt nicht, das ist eine Riesenfrechheit“, schimpft Ivonne Fockerodt vom Radio. „Natürlich sind die vom Turm fasziniert gewesen und dass sie ihn besichtigen durften. Der Turm ist nun mal faszinierend.“ Doch das habe auf den Beitrag keine inhaltlichen Auswirkungen.

„Es wird sich ein mindestens genauso großer Teil mit den Protesten und dem Widerstand befassen“, bestätigt auch Projektleiterin Linnia Riensberg. „Sie haben uns sehr ernst genommen“, so Riensbergs positiver Eindruck von der Turmbesichtigung, „aber wir lassen uns von niemandem benutzen.“

School‘s-out!-Radio werde sich nun dafür einsetzen, dass Patrizia den Beitrag ändert oder ganz von der Homepage nimmt.

kai von appen