: Letzte Chance für König Fahd
Ein Neuanfang sieht anders aus: Die Bezirksregierung Köln und Saudi-Arabiens Botschaft einigen sich auf einen Kompromiss für die Fahd-Akademie
aus Köln PASCAL BEUCKER
Jürgen Roters war sichtlich bemüht, die Niederlage als Erfolg zu verkaufen. „In letzter Minute“ sei es ihm gelungen, „die saudi-arabische Botschaft zu einer Lösung für die umstrittene König-Fahd-Akademie zu bewegen.“ Nun sei ein „Neuanfang“ möglich. Die Schule im Bonner Ortsteil Lannesdorf bleibt also weiter geöffnet. Und weiterhin werden die Schüler dort nach saudischem Lehrplan unterrichtet. „Daran wird sich nichts ändern“, räumte der Kölner Regierungspräsident gestern Nachmittag auf Nachfrage ein. Das heißt: Auch weiter wird dort der Wahhabismus, die Staatsreligion Saudi-Arabiens, vermittelt. Ein Neuanfang sieht anders aus.
„Mein Ziel war es, wenn es rechtlich möglich ist, die Schule zu schließen“, gestand Roters denn auch gestern ein. Es war rechtlich möglich – aber es war politisch nicht opportun. In den vergangenen Tagen hatte es „intensive Gespräche“ mit dem Auswärtigen Amt gegeben. Das Fischer-Ministerium soll eindringlich auf die internationalen Folgen einer möglichen Schließung der Akademie hingewiesen haben. Keinen Ärger mit den Saudis, lautete wohl die Devise. So dachte gezwungenermaßen Roters um. Auf einem Treffen mit dem Geschäftsträger der saudischen Botschaft am Montag in Berlin, an dem auch eine Vertreterin des Auswärtigen Amts teilnahm, strebte er plötzlich eine „Konsenslösung“ an, „weil es auch darum geht, die außenpolitischen und diplomatischen Implikationen mit zu berücksichtigen“. Das habe auch „im Interesse der Sicherheit der deutschen Schulen in Saudi-Arabien“ gelegen.
Die König-Fahd-Akademie mit einer Schule und einer Moschee war 1995 eröffnet worden. Für den Bau des Gebäudes mit einer Nutzfläche von 5.000 Quadratmetern spendete der saudische König Fahd Bin Abdal Asis seinerzeit 14 Millionen Euro. Der Maßnahmenkatalog, den Roters als Präsident der zuständigen Kölner Bezirksregierung nun mit der saudischen Seite vereinbart hat, wirft ein bezeichnendes Licht auf die bisherigen Zustände in der Akademie. So gehört zu den Vereinbarungen, dass sich die Schule künftig ausschließlich „auf ihren schulischen Auftrag“ beschränken soll. Schulträger und -leiter hätten zu verhindern, „dass die Schule Treffpunkt von Extremisten und Fundamentalisten ist“. Lehrer, „die zu Gewalt aufrufen, aggressiven Fundamentalismus verbreiten oder Kontakt zu Personen aus dem terroristischen Umfeld halten“, sollen von der Schule abgezogen werden, Personen, die im Verdacht stehen, Kontakt zu terroristischen oder extremistischen Organisationen zu unterhalten, keinen Zutritt mehr erhalten.
Um zu überwachen, „dass in Zukunft verfassungsfeindliche oder extremistische Aktivitäten an der Schule keine Chancen mehr haben“, soll ein „deutsch-arabisches Komitee“ gegründet werden, dem die saudische Botschaft, der Schulleiter, die Bezirksregierung Köln und die Stadt Bonn angehören. Darüber hinaus soll eine „arabisch-deutsche pädagogische Konferenz“ eingesetzt werden, die Vorschläge für eine Überarbeitung der Stundentafel machen soll. Gegenwärtig erhält beispielsweise ein Schüler der siebten Klasse pro Woche acht Stunden Religionsunterricht, sechs Stunden Arabisch und nur eine Stunde Deutsch.
Bereits begonnen hat die Überprüfung der erteilten „Ausnahmegenehmigungen“. Denn der Besuch der Akademie erfordert eine Befreiung von der deutschen Schulpflicht. Diese Genehmigungen sind eigentlich nur für den Fall gedacht, dass Kinder vorübergehend in Deutschland unterrichtet werden, um dann in ihr Heimatland zurückzukehren. Gut 80 Prozent der 465 an der Fahd-Akademie lernenden Schüler haben jedoch ihren fest verbrieften Aufenthalt in Deutschland, 211 davon besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft.
Nun sollen zu Unrecht erteilte Befreiungen aufgehoben werden. Das werde dazu führen, „dass die Schule deutlich kleiner werden wird“, sagte Roters. Das dürfte zu massiven Protesten betroffener islamistischer Eltern führen. Schon nachdem mit Beginn des laufenden Schuljahrs die bis dato äußerst laxe Praxis geändert wurde, waren im Schulamt Mitarbeiter von Eltern bedroht worden, die für ihre Kinder keine Ausnahmegenehmigung zum Besuch der Schule mehr erhalten hatten.
Auf die Frage, ob die getroffenen Vereinbarungen auch Auswirkungen auf die Berliner Dependance der Fahd-Akademie haben wird, reagierte der Regierungspräsident ausweichend: Die Vereinbarung habe sicherlich „Vorbildcharakter auch für andere ausländische Schulen“. Was immer das heißen mag.