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Archiv-Artikel

Und immer an die Kohle denken!

Den Kurs des rot-schwarzen Kabinetts verrät das Personalkarussell: Fürs Soziale ist die bisherige Finanzministerin zuständig. Die Zukunft besteht im Sparen, die Politik auch, der Umweltschutz auch – nur Bildung wird nicht gedeckelt

Herbst 2006. Klaus Wowereit, gerade als Regierender Bürgermeister wiedergewählt, stellt sein neues Kabinett auf. Neuer Sozialsenator: sein SPD-Parteifreund Thilo Sarrazin, bislang für die Finanzen zuständig. Der Mann, der sich gegen ein erneutes bezuschusstes Sozialticket mit dem Argument wandte, in Berlin gebe es wegen der BVG-Subventionen sowieso nur Sozialtickets. Dieser für Berlin undenkbare Kabinettsumbau ist in Brandenburg Realität. Denn neue Sozialministerin wurde gestern Dagmar Ziegler, bisher für die Finanzen zuständig. Dieser Umbau hat Symbolwert für das, was vor der rot-schwarzen Landesregierung liegt: sparen und den Haushalt sichern.

9.000 der rund 60.000 Landesstellen sollen binnen fünf Jahren wegfallen. Spätestens 2010 soll das Land ohne neue Kredite auskommen. Brandenburg ist zwar nicht wie Berlin mit über 54 Milliarden Euro verschuldet – für viele Brandenburger der entscheidende Grund, eine Länderfusion abzulehnen. Aber auch die eigenen rund 18 Milliarden reichen aus, um die Landeskasse mit Zinszahlungen immens zu belasten.

Umwelt- und Naturschutz haben in der Planung von SPD und CDU untergeordnete Bedeutung. Was bei einem Ministerpräsidenten Matthias Platzeck, der Anfang der 90er für Bündnis 90 Umweltminister war, erst einmal überrascht. Andererseits zeugt es davon, wie eng die Lage finanziell auch in Brandenburg ist und zu welchen Prioritäten dies auch Platzeck zwingt. „Wir werden in eine Zeit kommen, wo jedem das Hemd näher ist als der Rock, was das Verhältnis unter den Bundesländern angeht“, zitierte ihn die Berliner Zeitung.

Schon in der Präambel des Koalitionsvertrags heißt es hölzern: „Die Verbesserung der Bedingungen für Investitionen, Wachstum und Beschäftigung in Brandenburg hat für die neue Koalition höchste Priorität.“ Konkret zum Umweltschutz beschränkt man sich auf ein bloßes Pflichtprogramm: SPD und CDU wollen „grundsätzlich keine Landesregelungen über Bundes- und EU-Standard verfolgen“.

Die Grünen, die dem Landtag weiterhin nicht angehören, macht das zornig: „Unter dem Deckmäntelchen der Reform soll die Wirtschaftspolitik gegen die Umweltpolitik ausgespielt werden.“ Völlig auf den falschen Weg begebe sich die SPD-CDU-Koalition mit einem Pro-Braunkohle- und Pro-Gentechnik-Kurs. Die Grünen hatten sich für gentechnikfreie Zonen ausgesprochen.

Bildung – für die Platzeck den parteilosen Potsdamer Schulleiter Holger Rupprecht als Mann der Praxis zum neuen Minister machte – soll ein zentrales Thema in der Koalition sein. Zugeständnis im Vertrag: „Die Ausgaben für Wissenschaft und Forschung werden nicht gekürzt.“

STEFAN ALBERTI