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Archiv-Artikel

Kirchentag mit Muslimen

Alle Bremer Muslime boykottieren das Christen-Ereignis? Falsch. Aktive der Mevlana-Moschee verstehen zwar, warum einige sich ausklinken, wollen aber den Dialog nicht gefährden

VON EIKEN BRUHN

Nicht alle Bremer Muslime lehnen eine Beteiligung am Kirchentag ab. Der Dachverband „Schura Bremen“, der dies vergangene Woche behauptet hatte, spreche nur für einen Teil der muslimischen Gemeinden in Bremen, stellte Yusuf Ekiz von Ditib, dem Dachverband der Türkisch Islamischen Union, klar. Er arbeite weiterhin an einer Abschlussfeier mit muslimischen und christlichen Jugendlichen, sagte Ekiz, ein Journalistik-Student, der in der Gröpelinger Mevlana-Moschee aktiv ist.

Stattfinden wird – neben rund 30 Veranstaltungen mit muslimischen ReferentInnen aus dem In- und Ausland – auch das interreligiöse Frauengebet. Dessen Mitinitiatorin Halime Cengiz von der Mevlana-Moschee sagte, sie unterstütze den Kirchentag. „Ich mache das für das Miteinander“, so Cengiz, die 2006 den Bremer Integrationspreis erhielt. Dass die Schura, die die Hälfte der rund 30 muslimischen Vereine in Bremen vertritt, sich nicht beteiligen wolle, sei schade, sagte Ekiz. Gleichwohl betonten er und Cengiz, dass Ditib die Bedenken der Schura teile und ebenfalls einen Boykott erwogen habe. „Aber der Dialog sollte nicht auf der Strecke bleiben“, sagte Ekiz. Und: Der Kirchentag biete die Möglichkeit, „das falsche Islam-Bild der Mehrheitsgesellschaft“ zu korrigieren. „Wir müssen uns nicht verstecken.“

Der Sprecher der Schura, Mehmet Kilinc, bedauerte, dass seine Pressemitteilung den Eindruck erweckt hatte, alle Bremer Muslime zu vertreten. „Das war nicht unsere Absicht.“ Es stehe jedem frei, am Kirchentag teilzunehmen, dieser sei „ein besonderes Ereignis“. Seine Ablehnung begründete er mit der Haltung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) zum Islam. Der Rat hatte 2006 eine Denkschrift zum Thema „Christen und Muslime in Deutschland“ herausgegeben, die nicht nur von Muslimen als paternalistisch und ausgrenzend kritisiert worden war. Als „Rückschritt“ bezeichnete gestern die Bremer Professorin für Religionswissenschaft, Gritt Klinkhammer, den Text. „Das ist eine Schließung der evangelischen Front gegenüber den Muslimen“, so Klinkhammer, die wie Ekiz zu der Kirchentags-Vorbereitungsgruppe „Muslime und Christen“ gehört.

„Wir wollen endlich einen Dialog auf Augenhöhe und nicht missioniert oder aus christlicher Nächstenliebe gerettet werden“, so Kilinc. Dass er mit dem Kirchentag – einer Laienorganisation, die EKD-KritikerInnen und Kirchenferne zu Wort kommen lässt – die Falschen treffe, glaubt er nicht. „In der öffentlichen Wahrnehmung wird das nicht unterschieden.“ Auch nicht gelten lässt Kilinc, dass der Kirchentag stets ein Forum für muslimisch-christlichen Dialog geboten hat. Zum diesjährigen Kirchentag könne er nichts sagen, weil er das Programm nicht kenne, aber in der Vergangenheit sei „alles Friede, Freude, Eierkuchen“ gewesen, „kritische Muslime wurden nicht eingeladen“. Die Schura sei bereit für eine ehrliche Auseinandersetzung, er hoffe, das Zeichen, das sie mit dem Boykott gesetzt hätten, „wird ernst genommen“.

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) nahm die Schura-Position mit gemischten Gefühlen auf. Schriftführer Renke Brahms sagte der taz, er freue sich, dass Kilinc die gute Zusammenarbeit mit der BEK lobe. Gleichzeitig bedaure er, dass dieser „sich öffentlich vom Kirchentag in Bremen distanziert“ habe. Er bitte ihn darum, den Dialog – auch über die EKD-Schrift – nicht abbrechen zu lassen.