Wenig Aufschwung, keine Arbeit

Die Industrie- und Handelskammern des Ruhrgebiets legten Konjunkturbericht vor: Angesichts von Opel- und Karstadtkrise geben sie sich kämpferisch. Steinbrück und Clement beließen es beim Beileid

AUS DUISBURGELMAR KOK

Ausgerechnet an dem Tag, an dem die Industrie- und Handelskammern (IHK) des Ruhrgebiets ihren Bericht zur Lage der Wirtschaft an der Ruhr vorstellten, verkündet General Motors den Abbau von mittelfristig 4.000 Arbeitsplätzen im Bochumer Opelwerk (taz SEITE 1). Die Geschäftsführer der Kammern reagieren angesichts des Arbeitsplatzverlustes trotzig. Tillmann Neinhaus, Geschäftsführer der Bochumer IHK, sagt, „davon stirbt das Ruhrgebiet nicht“. Und gab dann eine Durchhalteparole aus: „Der Strukturwandel geht weiter“, glaubt Neinhaus.

Dann nimmt Neinhaus den Autobauer in die Pflicht. „Das Unternehmen hat eine regionalpolitische Verantwortung“, sagt er. Letztlich sei aber „das betriebswirtschaftliche Ergebnis entscheidend“. Verantwortung der Kommunalpolitik oder der Kammer für die Krise des Bochumer Opelwerkes weist Neinhaus von sich. „Wir stellen nur die Rahmenbedingungen“, und die seien für Opel gut. Schließlich habe die Kammer zusammen mit Kommunalpolitikern eine bessere Autobahnverbindung für das Werk beschlossen. Die Ausbildungsmöglichkeiten für Opelaner seien gut, auch die Ingenieurausbildung der FH sei vorbildlich, sagt Neinhaus.

Als Folge der Teilstilllegungen und dem Abbau von rund 3.000 Arbeitsplätzen im nächsten Jahr bei Opel geht Neinhaus von rund 3.000 bis 5.000 Beschäftigten im Ruhrgebiet aus, die in der Zulieferindustrie sind. Dazu gehörten ebenso die Zulieferer von Autoteilen wie Beschäftigte von „Softwarehäusern, Spediteuren und Entsorgern“.

Vor dem Hintergrund der Krisen bei Karstadt und Opel gehen die Kennzahlen für das Ruhrgebiet, die die Kammergeschäftsführer der IHKs von Duisburg, Bochum, Dortmund, Essen, Münster und Gelsenkirchen präsentieren, fast unter.

Die Kammern hatten zuvor rund 900 Unternehmen mit insgesamt über 220.000 Arbeitnehmern aus verschiedenen Branchen über die Konjunkturaussichten befragt. Der Präsident der IHK Duisburg sagt: „Die konjunkturelle Entwicklung im Ruhrgebiet ist zwar weiter aufwärts gerichtet, doch ohne Schwung und Dynamik geblieben.“ Die Aussichten vieler Firmen hätten sich in den letzten Monaten verbessert. Dank der guten Exportzahlen beurteilt knapp jedes Fünfte Unternehmen die Lage im Ruhrgebiet als „gut“ und die Anzahl der Unternehmen, die ein negatives Urteil in der IHK-Umfrage abgeben, ist im Vergleich zum Jahresbeginn von 33 auf 27 Prozent gesunken.

Auf den Arbeitsmarkt hat die schwache Konjunkturbelebung jedoch nach Angaben der IHKs keine Auswirkungen. Während neun Prozent der befragten Unternehmen zukünftig Einstellungen planen, rechnen 33 Prozent damit, künftig weniger Personal zu benötigen. Gute Zahlen für den Export geben vielen Unternehmen Hoffnung auf einen leichten Aufschwung. Jeder dritte Betrieb meldet steigende Auftragseingänge aus dem Ausland, zu Anfang des Jahres verbuchte bloß jedes vierte Unternehmen steigende Auftragseingänge. Aber auch diese Zahlen kaschieren ein Problem. „Die Zahl der Vorprodukte aus dem Ausland für diese Exporte wächst“, sagt Hans-Jürgen Reitzig, Geschäftsführer der Duisburger IHK.

Die Strukturwandler der Politik hatten dem Ruhrgebiet auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz gestern kaum etwas zu bieten. NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) war „verhandlungsbereit, was Transfergesellschaften betrifft“, erteilte Finanzhilfen vom Land aber eine Absage. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) sagte lediglich, „Opel ist ohne die Standorte Rüsselsheim oder Bochum nicht vorstellbar“.