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Archiv-Artikel

Hartz IV steht vor weiterer Panne

Am Montag soll die Software für das Arbeitslosengeld II kommen. Vorerst dürfen aber nur relativ wenige Mitarbeiter ran – sonst droht ein Absturz der Computer. CDU wirft PDS derweil Sabotage vor

VON STEFAN ALBERTI

AZ: 7011.9/… . Hinter diesem Aktenkürzel droht die nächste Panne bei der Umsetzung von Hartz IV in Berlin. Denn Montag soll zwar die dazu nötige, lang erwartete Computersoftware in allen zwölf Bezirken installiert sein. Die Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit, die der taz vorliegt, legt aber fest, dass in Berlin vorerst nur 694 Mitarbeiter gleichzeitig die Daten für das Arbeitslosengeld II eingeben dürfen. Für diesen Job sollte nach bisherigem Stand deutlich mehr Personal am Computer sitzen. Die Arbeitsagentur befürchtet aber, dass das System dann abstürzt. Eine Alg-II-Auszahlung zum 1. Januar wird damit fraglicher als bislang.

Der Sozialstadtrat von Tempelhof-Schöneberg, Bernd Krömer (CDU), befürchtet durch die Computerrationierung erhebliche Probleme. Allein in seinem Bezirk sollten nach bisherigen Plänen 120 Mitarbeiter des Sozialamts Daten eingeben. Das Gleiche gilt für Neukölln. Nach den bislang geltenden Vorgaben könnten es im Durchschnitt nur 58 pro Bezirk sein. Im Gespräch sind jetzt Doppelschichten, die aber längst noch nicht festgezurrt sind.

Schon vor der Anweisung 7011.9/… zur Computerbeschränkung sahen sich die Bezirke unter Zeitnot. Mehrere Sozialämter sollen deshalb zeitweise schließen. Neukölln will vier Wochen dichtmachen, Lichtenberg und Charlottenburg-Wilmersdorf je zwei, Mitte eine Woche. Das Sozialamt in Tempelhof-Schöneberg kürzt seine Sprechzeiten von drei Tagen auf zwei. Die anderen Bezirke hatten sich nach gestrigen Informationen noch nicht entschieden.

Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (PDS) wies die Verantwortung für das Computerdilemma von sich: „Das ist keine Sache, die das Land beeinflussen kann, genauso wenig wie Personal und Räume. Das liegt alles bei der Arbeitsagentur“, sagte ihre Sprecherin Roswitha Steinbrenner. Bei der Regionaldirektion der Agentur äußerte man sich auffällig vorsichtig. „Wir sind alle gespannt, wie die Software unter Last arbeitet“, so Pressesprecher Olaf Möller – für PR-Verhältnisse ist das schon fast vorbeugende Schadensbegrenzung.

Parallel dazu verstärkte die CDU gestern ihre Kritik an Knake-Werner und der ebenfalls PDS-geführten Senatsverwaltung für Wirtschaft und Arbeit. Der sozialpolitische Sprecher der Union im Abgeordnetenhaus, Gregor Hoffmann, warf den PDS-Senatoren Sabotage vor. Sie hätten eine Interesse daran, dass die Umsetzung von Hartz IV scheitere. Das sei rein parteipolitisch motiviert, „um bei Wahlen davon zu profitieren“. Hoffmann begründete seinen Vorwurf damit, dass andere Länder bei Hartz IV schon weiter seien als Berlin. Als Beispiel nannte er Hamburg.

Knake-Werner-Sprecherin Steinbrenner wies die Anschuldigungen zurück: „Man hat der PDS ja alles Mögliche schon vorgeworfen, aber noch nie, dass wir Politik auf dem Rücken der Betroffenen machen.“ Berlin liege bei der Umsetzung nicht zurück, es habe als erstes Land eine Rahmenvereinbarung mit der Arbeitsagentur ausgehandelt. Steinbrenner wandte sich auch gegen CDU-Stadtrat Krömer, der den PDS-Senatoren vorhielt, sie ließen die Bezirke im Stich.