: Fusion gleich Vision
Neu-Minister Woidke beerdigt Länderfusion noch mal
Doppelt getötet stirbt besser. Bislang beschränkten sich SPD und CDU in Brandenburg darauf, die immensen Berliner Schulden als Grund gegen eine baldige Länderfusion anzuführen. Dass im gerade beschlossenen Koalitionsvertrag kein Zeitplan steht, gilt als Beerdigung des Projekts. Jetzt trat der neue Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) noch mal gegen die Leiche und erklärte eine Fusion langfristig für chancenlos. Sein Argument: Furcht vor Berliner Übermacht.
„Es ist ein Stück Ehrlichkeit, das so zu formulieren“, erklärte Woidke-Sprecher Jens-Uwe Schade die Aussagen seines Chefs. „Die Fusion ist ja auch im Koalitionsvertrag nur als politische Vision drin.“ Vor allem in den Dörfern hätten die Leute Angst, dass ihre Belange in einem vereinten Land nicht mehr in der Landespolitik vorkommen. Brandenburg hat 2,6 Millionen Einwohner, die Bundeshauptstadt 3,4. Das heißt: Auf zwei Brandenburger kämen nach einer Fusion knapp drei Berliner. Das hätte sich auch im neuen Landtag in Sitzen ausgedrückt.
Woidkes Bemerkungen überraschen auch deshalb, weil das Thema Fusion bislang Chefsache in der Staatskanzlei war. Sein Ressort aber beschränkt sich auf ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz. Der 42 Jahre alte Woidke, gerade zum Minister ernannt, ist im brandenburgischen Forst geboren, wo er nach einem zehnjährigen Berlin-Intermezzo wieder lebt.
Die Brandenburger Grünen, im Wahlkampf die Einzigen, die sich klar zur Fusion bekannten, kritisierten Woidke scharf: „Es ist politisch schwachsinnig anzunehmen, dass nach einer Länderfusion Brandenburg und Berlin in ihren alten Denkweisen und Befindlichkeiten weiterexistieren werden“, sagte ihr Landeschef Joachim Gessinger. Er sieht bei SPD und CDU „Abwehrhaltungen, die teilweise Züge einer neuen Wagenburgmentalität verraten“. STEFAN ALBERTI