: Nordbank-Debakel unter der Lupe
Mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss will die rot-rote Opposition in der Hamburger Bürgerschaft das Desaster der HSH Nordbank aufarbeiten. Zugleich verabschiedete sie das milliardenschwere Rettungspaket
Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) soll die Krise der HSH Nordbank unter die Lupe nehmen. Die oppositionelle SPD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft beschloss gestern, die Einsetzung eines solchen Gremiums zu beantragen. Ziel sei zum einen die Aufklärung von Verantwortlichkeiten, so SPD-Fraktionschef Michael Neumann. Zudem müssten „Kontrollmechanismen entwickelt werden, um ein erneutes Finanzdesaster zu verhindern“. Die Linksfraktion kündigte ihre Zustimmung an.
Zugleich verabschiedete die Bürgerschaft das vom Senat vorgelegte Rettungspaket für die HSH Nordbank mit den Stimmen von CDU, GAL und SPD, nur die Linke votierte gegen die Kapitalspritze von drei Milliarden Euro plus Staatsgarantien von weiteren zehn Milliarden. Zuvor hatte die schwarz-grüne Koalition einen umfangreichen Forderungskatalog der SPD weitgehend akzeptiert. Es soll nun klare Vorgaben für die Vorstände und Aufsichtsräte der Bank geben. Zudem soll ein Einstieg des Bundes vorbereitet werden und garantiert sein, dass die drei Milliarden Euro frisches Geld für die HSH Nordbank nicht auf Umwegen den privaten Anteilseignern zugute kommen.
Der Antrag auf Einsetzung des mit gerichtsähnlichen Rechten ausgestatteten PUA soll in der Plenarsitzung in drei Wochen formell beschlossen werden. Die eigentliche Arbeit dürfte das Gremium noch vor der Sommerpause aufnehmen, wie lange diese sich hinziehen wird, ist offen. Den Rekord hält der PUA „SPD-Filz“, der von Anfang 1998 bis Ende 2000 zweieinhalb Jahre lang tagte.
Ein PUA kann als Minderheitenrecht von der Opposition gegen die Mehrheit der Koalitionsfraktionen durchgesetzt werden. Mit 45 der 121 Abgeordneten im Hamburger Rathaus erfüllt die SPD das erforderliche Quorum von einem Viertel der Abgeordneten. Die achtköpfige Fraktion der Linken, die schon seit geraumer Zeit einen Untersuchungsausschuss befürwortet, war darauf angewiesen, dass sich die SPD zu diesem Schritt durchringt.
Bis zuletzt hatte es in der SPD-Fraktion taktische Vorbehalte gegeben. Zum einen gibt es die Befürchtung, dass ehemalige sozialdemokratische Würdenträger „doch noch Dreck am Stecken haben“ könnten. Doch letztlich überzeugte das Argument von Fraktionschef Neumann, dass dann noch jahrzehntelang kein PUA mehr möglich wäre. Nach 44-jähriger SPD-Dauerherrschaft in Hamburg bis 2001 gebe es irgendwo immer noch einen Genossen, der was gewusst haben könnte.
Zudem hatte Ortwin Runde, bis 1997 Finanzsenator und danach bis 2001 Erster Bürgermeister sowie in diesen Funktionen Aufsichtsratsvorsitzender der damaligen Hamburger Landesbank (HLB), am 28. Februar vor dem SPD-Landesparteitag beteuert, dass zu seiner Regierungszeit alles in Ordnung gewesen sei. Ursache für die massive Ausweitung des nun kollabierten Kreditersatzgeschäfts der Bank sei die Privatisierungsstrategie des CDU-Senats gewesen. Der hatte auf Betreiben des damaligen Finanzsenators Wolfgang Peiner (CDU) 2003 die Fusion der HLB mit der Landesbank Schleswig-Holstein zur HSH Nordbank umgesetzt. Peiner ist jetzt Aufsichtsratsvorsitzender der Nordbank.
Auf einen Wahlkampf will Hamburgs SPD auch keine Rücksicht nehmen. Denn langjähriges Mitglied im Aufsichtsrat war bis 2005 in seiner Funktion als SPD-Finanzsenator in Kiel Ralf Stegner. Der jetzige Partei- und Fraktionschef ist zudem Spitzenkandidat für die Landtagswahl im Mai kommenden Jahres. Stegner soll, so ist zu hören, über eine mögliche Vernehmung vor einem PUA mitten im Wahlkampf eher wenig erfreut sein.
Der schleswig-holsteinische Landtag wird am morgigen Freitag das Rettungspaket für die Nordbank in zweiter Lesung erörtern. Die Zustimmung der großen Koalition gilt als sicher. Ob auch in Kiel ein PUA eingerichtet wird, ist offen.SVEN-MICHAEL VEIT