: „Wir stehen in Detroit auf der Abschussliste“
Das Bochumer Werk kann nur durch Arbeitsniederlegung dem Management Paroli bieten, sagt Norbert Spittka
taz: Herr Spittka, seit Donnerstag ruht die Produktion im Bochumer Opel-Werk. Mittlerweile ist die Arbeit in anderen europäischen Werken gefährdet. Wann werden die Bänder in Bochum wieder laufen?
Norbert Spittka: Die Produktion wird nicht nur morgen, sondern mindestens bis einschließlich Dienstag ruhen. Die Kollegen in Bochum werden so lange von ihrem Informationsrecht Gebrauch machen, bis die betriebsbedingten Kündigungen vom Tisch sind. Das könnte bedeuten, dass die Produktion in Bochum auch über Dienstag hinaus ruht.
Wird der Standort Bochum durch diese Aktion von der Konzernführung in den USA nicht noch stärker unter Beschuss genommen? In Rüsselsheim und den anderen deutschen Standorten wird nicht gestreikt.
Wir stehen in Detroit sowieso auf der Abschussliste. Fritz Henderson hatte ja bereits verkünden lassen, dass 2009 Opel Bochum geschlossen wird. Wir haben überhaupt keine andere Möglichkeit. Opel Bochum ist eine Erfolgsstory. Über die gesamten 40 Jahre gesehen sind wir das erfolgreichste Werk. In den ersten Jahren sind unsere Gewinne über den Teich nach Detroit gegangen, in den vergangenen Jahren sind davon sieben Werke in Europa gebaut worden.
In einigen davon wird wegen geringerer Lohnkosten billiger produziert. Das Argument bekommen Sie nicht durch Arbeitsniederlegung vom Tisch.
Die Produktionskosten spielen doch nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend war, das Polen während des Irakkrieges an der Seite der USA stand. Die Investitionen von GM dort sind Teil eines Milliardendeals, bei dem Polen Kampfflugzeuge beim US-Konzern Lockheed bestellt hat. Die Abmachung sah auch vor, dass ein Teil des Geldes über GM wieder in Polen investiert wird.
Führende Landespolitiker und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement haben gefordert, dass die Arbeit wieder aufgenommen wird. Ein Stillstand der Bänder in Bochum ist vor diesem Hintergrund ein deutliches Misstrauensvotum. Hat die Politik versagt?
Das tut sie schon lange. Gerade Clement steht für uns auf der Negativliste. Als Ministerpräsident hat er uns die Anbindung des Bochumer Werks an die Autobahn versprochen. Das hat er, wie vieles andere auch, nicht eingehalten.
Sind Sie denn dafür, dass die Politik mit Geld helfen soll? Das ging doch schon bei Holzmann und anderen Unternehmen schief.
Der Konzern investiert in Polen und Tschechien. Dahin fließen auch Subventionen der Europäischen Union, finanziert von deutschen Steuerzahlern. Auf jeden Fall sollte die Politik uns mit Rat und Tat zur Seite stehen. Was bisher kam, reicht nicht aus.
INTERVIEW: STEPHAN KOSCH