: berliner szenen Ein feuchter Traum
Being Bear
Ich bin kein zartgebauter Mensch, und Bier tut das Übrige. Das macht mir nichts aus, ich weiß, dass es auf die inneren Werte ankommt. Doch es hatte mich nicht überrascht, dass sich Emilie, bei der ich übernachten wollte, auf einmal nur noch dem schönen Hannes widmete, während ich an der Theke zurückblieb. Emilie machte immer, wonach ihr war, schon als wir noch ein Paar waren. Jetzt waren wir auf dieser Party und ich konnte nicht mehr nach Hause. Ich trank weiter. Dann meinte Emilie, wir gingen noch eine Kneipe.
Ich ging gern mit. Hannes, Emilie, Bert – Hannes’ Mitbewohner – und ich fanden die Kneipe, sie war geschlossen. Wie passend, dass die Kneipe just in dem Haus war, in dem Hannes und Bert wohnen. Also hoch, Wein wurde geöffnet, doch Emilie und Hannes saßen auf einmal verlegen herum. Bert erfasste die Situation schnell, sagte, „Dann müssen wir’s wohl tun“, und drückte mir einen Kuss auf und die Zunge in den Mund. Sein Bart piekste. Ich hatte schon öfter mit Männern herumgeknutscht, als Pubertierender. Immerhin, Emilie und Hannes wurden lockerer, Hannes Bett wurde ein Feld der Lust. Nur ich hatte keine Lust. Bert, so wusste ich, auch nicht.
Ich lag falsch. Irgendwann am nächsten Tag wachte ich auf, halbbekleidet in einer fremden Welt. Jemand hielt mich im Arm. Bert! Nackt! Ich zuckte zusammen, dadurch weckte ich ihn. Er errötete und zog sich rasch an. Ich lag auf seinem Bett, wir hatten irgendwann das Paar allein gelassen und weiter getrunken. Er wollte in der Nacht immer wieder küssen, ich wusste gar nicht warum. Neben dem Bett fand ich das Bear Magazine, Fotos, lauter nackte dicke Männer. Bert stand auf Bären! Auf mich! Ein feuchter Traum sein, so fühlte sich das also an. JÖRG SUNDERMEIER