: Kein Herz für Lehrer
Der Senat nimmt Polizisten, Feuerleute und Strafvollzugsbeamte von der Rente mit 67 aus, hat aber bei Lehrern nicht mal Zeit, über Altersentlastung zu verhandeln. Das treibt die Lehrer auf die Straße
VON KAIJA KUTTER
Etliche Lehrer verließen am Mittwochmittag ihre Schulen, um für eine Altersentlastung und Altersteilzeit zu demonstrieren. Zwei Errungenschaften, die das Berufsleben einst erleichterten und seit Beginn des Jahrtausends dem Spardruck zum Opfer fielen. Laut Bildungsgewerkschaft GEW waren es 4.000, nach Informationen des Hamburger Abendblatts mehr als 1.000 Pädagogen, die vom Dammtor zum Rathaus marschierten.
Der rot-grüne Senat war es, der im Jahr 2000 die Altersentlastung von je zwei Stunden pro Woche für Lehrer ab dem 60. Lebensjahr abschaffte. 192 Stellen sparte das ein. Als Trostpflaster blieb die Möglichkeit der „Altersteilzeit“, bei der Pädagogen für 80 Prozent ihres Gehalts 60 Prozent der Stunden unterrichten. Doch auch dies wurde aus Behördensicht bald zu teuer und 2004 unter Schulsenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) abgeschafft.
Inzwischen, argumentiert die GEW, habe sich die Belastung der Lehrer durch das vor sechs Jahren eingeführte Lehrerarbeitszeitmodell stark erhöht. Jede vierte Lehrkraft scheidet wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig aus. Andere flüchten in Teilzeitarbeit. Gerade mal die Hälfte der Hamburger Lehrer arbeiten auf einer vollen Stelle, die übrigen auf Teilzeit, was zu Einkommenseinbußen und niedrigerer Rente führt. „Das ist horrend“,sagt GEW-Geschäftsführer Dirk Mescher. „Wir brauchen Bedingungen, die es allen ermöglichen, bis zur Pension in Vollzeit zu arbeiten.“
Doch der Hamburger Senat will an dieses Thema jetzt nicht ran. Schon im November zogen etwa 2.500 Lehrer für die Altersentlastung auf die Straße. Ein Gesprächsersuchen, das GEW-Chef Klaus Bullan daraufhin an den ersten Bürgermeister und die zweite Bürgermeisterin schickte, wurde von Staatsrat Volkmar Schön im Januar abgebügelt. Gerade erst hatte der Senat die Anhebung der Rente auf 67 Jahre in das Beamtengesetz übertragen. Nur Polizisten, Feuerwehrleute und Strafvollzugsbeamte werden davon verschont und beginnen wie bisher mit 60 den Ruhestand. Ihnen wird eine höhere Belastung zugebilligt. Dabei gibt es in der Statistik über frühzeitige Dienstunfähigkeit viel mehr Lehrer als Feuerwehrleute und Polizisten.
Die Wiedereinführung einer Altersteilzeit habe im Zuge der Rente mit 67 „im Raum“ gestanden, schreibt Schön, sei aber „nach intensiver Diskussion“ nicht weiter verfolgt worden. Es wäre, so Schön weiter, „geradezu kontraproduktiv, jetzt Maßnahmen einzuführen, die die Anhebung der Altersgrenze für den größten Personalkörper in der hamburgischen Verwaltung zumindest relativieren würde“.
Da auch eine stundenweise Altersentlastung nicht zu zur Diskussion stehe, bittet Schön um Verständnis, „dass wir vor diesem Hintergrund dem von Ihnen geäußerten Gesprächswunsch nicht näher treten“. Dieser Ton soll es gewesen sein, der die Lehrer auf die Palme brachte und für die Demonstration mobilisierte.
Doch die Resonanz darauf ist im politischen Raum bescheiden. Lediglich die Linken-Abgeordnete Dora Heyenn sprach bei der Demo ein Grußwort und forderte vom Senat eine Fürsorgepflicht für die Beschäftigten ein, für deren Belastung der hohe Krankenstand spreche. Heyenn: „Alle, die persönlichen Kontakt zu Lehrern haben, haben hohen Respekt vor diesem Beruf.“
SPD-Politiker Ties Rabe hatte es zwar versäumt, auf der Demo zu sprechen, weil er zu der Zeit unterrichtete, sagte aber, dass es nicht sein könne, dass Hamburg „seine Lehrer schlechter stellt und als einziges Bundesland keine Entlastung bietet“.
„Wir müssen Arbeitsbedingungen schaffen, die dazu führen, dass Lehrer nicht nach 30 Jahren ausgebrannt sind“, sagt auch der GAL-Schulpolitiker Michael Gwosdz. Er denkt dabei an kleinere Klassen, Teamarbeit und die viel zitierte „neue Lernkultur, in der der Lehrer nicht mehr als Einzelkämpfer vor der Klasse steht“, und weniger an Stundenermäßigung.
Auch die Schulbehörde winkt ab. „Wir haben uns entschlossen, die vorhandenen Mittel in kleinere Klassen zu investieren“, sagt Büroleiter Armin Oertel. In vielen Klassen seien künftig nur 20 Kinder. „Wir hoffen, dass dies auch für die Lehrer Entlastung schafft.“ Eine Altersteilzeit müsse für alle Beamten gelten. Oertel: „Dafür ist im Moment im Haushalt kein Geld vorhanden.“