: Storm der Entrüstung über Rentennullrunde
Union fordert Aufklärung über langfristige Pläne. SPD schließt weitere Nullrunde für Rentner nicht mehr aus
BERLIN ddp/afp ■ Unions-Sozialexperte Andreas Storm (CDU) hat die Bundesregierung aufgefordert, ihre Pläne für eine langfristige Reform der gesetzlichen Rentenversicherung auf den Tisch zu legen. „Es ist ein großes Ärgernis, dass die Wahrheit nur scheibchenweise ans Licht kommt“, sagte Storm gestern in Berlin. Er verwies darauf, dass der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger (VDR) ermittelt habe, dass nach 2004 auch im Jahr 2005 eine Nullrunde bei den Renten anstehe und die Anpassungen in 2006 und 2007 unterhalb der Preissteigerung liegen würden. „Das bedeutet für die Rentner vier Jahre Realeinkommensverluste“, bemängelte der CDU-Politiker.
Wenn die Regierung einen Konsens in der Rentenpolitik wolle, müsse sie nun endlich die Fakten auf den Tisch legen, sagte Storm. Zurzeit versuche die Regierung jedoch, bis zur Verabschiedung der Kurzfristmaßnahmen zur Stabilisierung der Rentenfinanzen mit der Wahrheit über die langfristigen Reformen hinter dem Berg zu halten. „So darf man weder mit den Rentnern noch mit den Beitragszahlern umgehen“, kritisierte Storm. Die Regierung müsse sagen, welche Maßnahmen sie plane und mit welchen Einbußen diese verbunden seien.
Der VDR hatte unter Berufung auf einen Referentenentwurf des Sozialministeriums berichtet, dass vermutlich eine doppelte Nullrunde ansteht. Nach der Nullrunde 2004 solle die nächste Rentenanpassung demnach am 1. Januar 2005 stattfinden und nicht wie bisher üblich erst am 1. Juli. Dadurch würden andere Bezugsräume und damit andere Daten zur Lohn- und Gehaltsentwicklung herangezogen. Der für 2004 erwartete konjunkturelle Aufschwung würde damit bei der Rentenberechnung außen vor bleiben. Außerdem hätte der geplante Nachhaltigkeitsfaktor in der Rentenformel eine drosselnde Wirkung.
Auch SPD-Fraktionschef Franz Müntefering schloss eine weitere Nullrunde in 2005 nicht aus. Es sei noch unsicher, ob die Renten dann angehoben würden oder nicht, sagte Müntefering dem Nachrichtensender n-tv. „Wenn es gut ist, dann ist mehr Geld in der Kasse, dann wird man mehr Geld bekommen, und das hängt auch davon ab, wie die Entwicklung der Löhne bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist.“ Es werde ein Gesetz geben, das über die mittel- und langfristige Perspektive der Rente entscheidet. Da gehe es um den Nachhaltigkeitsfaktor und um die Frage des künftigen Wachstums. „Das heißt, wir werden in den nächsten Jahren über 2004 hinaus mit den Rentnern diese Frage haben.“
Das Bundessozialministerium verwies gestern darauf, dass der Referentenentwurf mit der Ankündigung einer weiteren Nullrunde noch nicht mit der Leitung des Hauses – also Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) – abgestimmt wurde. Auch sei politisch noch nichts entschieden.
Der Sozialverband Deutschland warnte die Regierung vor einer doppelten Nullrunde und mehrjährigen realen Rentenkürzungen. „Das Rentenchaos der Bundesregierung führt zu einer immer tieferen Verunsicherung der Versicherten und Rentner“, beklagte Präsident Adolf Bauer.