SSS-Männer hoffen auf kurzen Prozess
Im zweiten Verfahren gegen mutmaßliche Mitglieder der Skinheads Sächsische Schweiz sind Geständnisse zu erwarten
BERLIN taz ■ Die zweite Runde in den Strafverfahren gegen die neonazistische Gruppierung Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) beginnt heute vor dem Landgericht Dresden. Die Anklage wirft den zwölf mutmaßlichen Mitgliedern der militanten Neonaziorganisation unter anderem Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, schwere Landfriedensbrüche und mehrere Angriffe auf junge Linke vor. Nach Informationen der taz haben die Angeklagten im Alter von 22 bis 27 Jahren offenbar vor, schon zu Prozessbeginn Geständnisse abzulegen. Sie erhoffen sich damit eine Milderung der Urteile und eine kurze Prozessdauer.
Der erste Prozess gegen sieben Führungskader der SSS war im Sommer diesen Jahren durch die überraschenden Geständnisse der Angeklagten beendet worden. Sie hatten im Mai nach über zehnmonatiger Prozessdauer eingeräumt, Mitglieder einer „kriminellen Vereinigung“ namens SSS gewesen zu sein und Ende der 90er-Jahre mehrere Überfälle auf junge Linke verübt zu haben. Im Gegenzug hatten sich das Gericht und die Staatsanwaltschaft auf eine Begrenzung des Strafmaßes auf Bewährungsstrafen eingelassen. Drei erwachsenen Angeklagten wurden damals zudem die Prozesskosten in Höhe von rund 50.000 Euro auferlegt. Trotz der Bewährungsstrafe hatte der Prozess für die Männer durchaus Konsequenzen. Sechs von ihnen verloren im Verlauf der Gerichtsverhandlung ihre Arbeitsplätze. Das wollen die jetzigen zwölf Angeklagten durch einen kurzen Prozess offenbar vermeiden.
Doch nicht alle Angeklagten werden wohl mit einer Bewährungsstrafe davonkommen. Der 24-jährige Andre F. beispielsweise wird heute aus der U-Haft in den Gerichtssaal geführt werden. Er soll nach Ansicht der Ermittler noch im August gemeinsam mit zwei weiteren Neonazis mit Molotowcocktails ein Auto auf einem Camp von Sinti und Roma am Rande der sächsischen Gemeinde Gersdorf in Brand gesetzt haben.
Das erste Dresdener Urteil im Sommer hatte ein Novum markiert: Zum ersten Mal wurde eine rechtsextreme Gruppierung, die seit dem Frühjahr 2001 verbotene SSS, als „kriminelle Vereinigung“ eingestuft. Die Neonazigruppe sei eine straff organisierte, militärisch geprägte Gruppe mit Aufbauorganisationen für Neueinsteiger und den als „Members“ bezeichneten Führungskadern gewesen, hatte Oberstaatsanwalt Jürgen Schär im Plädoyer betont. Ihr Ziel: die Sächsische Schweiz von Ausländern, Drogenabhängigen und linken Jugendlichen zu säubern. Bei der Wahl der Mittel war die SSS wenig zimperlich. Neben einem „Zeckenerfassungsprogramm“, einer Sammlung persönlicher Details über junge Linke, wurden Wehrmärsche und Schießübungen durchgeführt, der Aufbau einer Wehrsportgruppe und Überfälle auf linke Jugendliche geplant.
HEIKE KLEFFNER