: Gegenöffentlichkeit fehlt
betr.: „ ‚Die CDU hat den Schwächeren den Krieg erklärt‘, meint Herr Hengsbach“, taz vom 1. 11. 03
Ein erfreuliches Interview in diesen trüben Tagen! Was tatsächlich fehlt, ist die von Herrn Hengsbach geforderte „Gegenöffentlichkeit“, denn es kann doch nicht sein, dass sich die Regierung einerseits und die Opposition andererseits gegenseitig überbieten in „sozialen Grausamkeiten“, die hauptsächlich die Schwächsten der Gesellschaft treffen, die über keine Lobby verfügen.
So ist ein vereinfachtes Steuersystem mit niedrigen Sätzen derzeit der Weisheit letzter Schluss (aber auch die angepeilte „Steuerreform“ reduziert die Höchstsätze drastisch), die Reichen der Republik werden es zu danken wissen. Zwar zahlen sie bereits jetzt kaum Steuern (wenn sie es nicht sogar vorziehen, ins Ausland zu verschwinden), jedoch ist die eklatante Ungleichgewichtung nicht zu übersehen. Dabei sind die Steuersätze in manchen anderen Ländern sogar höher als bei uns; aber die Unternehmer müssen ja unbedingt über hohe Abgaben und Lohnnebenkosten jammern, damit sie einen Grund haben, zu rationalisieren und die Mitarbeiter vor die Türe zu setzen. Wie dabei der Arbeitslosigkeit begegnet werden soll, interessiert die Politiker nicht. Schließlich gibt es angeblich genug Jobs im Niedriglohnsektor, die Arbeitslosen müssen nur arbeiten „wollen“. Aber die aktuellen Zahlen sprechen eine andere Sprache. Diese Politik ist schlicht menschenverachtend! […] HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel