Wahlauftakt in den USA mit vielen Pannen

Bei der vorfristigen Stimmabgabe geht im US-Bundesstaat Florida alles drunter und drüber: Computer stürzen ab, Stimmzettel sind unvollständig, die Anzahl der Stimmlokale reicht nicht aus. Rekordzahl von Briefwählern erwartet

WASHINGTON taz ■ Am Montag haben in den USA die ersten Wahllokale geöffnet – zwei Wochen vor dem eigentlichen Urnengang Anfang November. 32 Bundesstaaten ermöglichen ihren Wählern eine vorzeitige Stimmabgabe, um ein Fiasko wie bei der Wahl vor vier Jahren in Florida zu vermeiden. Damals wurde George W. Bush erst nach einem wochenlangen juristischen Drama vom Obersten Gerichtshof zum Sieger über Al Gore erklärt.

Aufgrund des Albtraumes von Florida blickten beim frühen Start der Präsidentenwahl alle Augen auf den Sonnenstaat. Was sie dabei sahen, war nicht ermutigend: Kaum ein Wahlkreis ohne Pannen. In West Palm Beach, dem Zentrum des damaligen Wahldebakels, wollten Bürger vom Angebot Gebrauch gemacht, statt der Wahl am „Touch Screen“-Computer einen Stimmzettel zu benutzen. Dieser war jedoch nicht vollständig. Woanders gab es Probleme bei der Vernetzung von Rechnern mit der Zentrale der Wahlkommission. In Orange County stürzten alle Computer zeitweise ab, sodass die Wahl in der Disney-Land-Stadt Orlando lahm gelegt war.

In Duval County, wo das Misstrauen der Wähler nach wie vor tief sitzt, nachdem im Herbst 2.000 von rund 27.000 Stimmen von überwiegend schwarzen Wählern „verschwanden“, trat der zuständige Wahlleiter zurück. Zuvor hatten Demonstranten dagegen protestiert, dass es in diesem bevölkerungsreichsten Wahlkreis Floridas nur ein Stimmlokal gibt. Ein Anwalt des Stadtrats erklärte, für eine Neueinrichtung sei es jedoch zu spät.

In Fort Lauderdale begann die Wahl, obwohl ein Gerichtsverfahren gegen die Abstimmungsprozedur läuft. Anwälte von Bürgerrechtsgruppen verlangen einen Einsatzstopp der neuen Wahlcomputer, da sie die Stimmabgabe nicht gleichzeitig auf einem Papierausdruck festhalten, sodass eine spätere Überprüfung unmöglich ist.

Sowohl Präsident Bush als auch Herausforderer John Kerry unterstützen die Chance zur vorzeitigen Stimmabgabe. Beide erhoffen sich dadurch eine höhere Wahlbeteiligung. Welche Partei mehr Wähler für sich mobilisieren kann, gewinnt, so Experten.

Aber auch Bürgerrechtler drängen zum frühen Votum, um die für viele neue Wahltechnik zu testen und auftretende Probleme rechtzeitig korrigieren zu können. Sie locken zudem mit der willkommenen Aussicht für Berufstätige, lange Warteschlangen am traditionellen Wahltag, dem ersten Dienstag im November, zu umgehen. Diese Hoffnung erfüllte sich bislang jedoch nicht. Bis zu drei Stunden mussten Wähler am Montag warten – aus Sicht der Kontrahenten erfreulich, signalisiert das doch ein reges politisches Interesse. Wahlbezirke aus dem ganzen Land berichten überdies, dass eine Rekordzahl von Bürgern Unterlagen für die Briefwahl beantragt hat. Viele Leute sind offenbar skeptisch gegenüber der elektronischen Stimmabgabe und vertrauen lieber dem herkömmlichen Wahlzettel. Beide Parteien vertrauen der neuen Wahltechnik so wenig, dass sie ein Heer von Anwälten angeheuert haben, sollten Wahlverlauf oder -ergebnisse erneut angefochten werden. Die Pannen am ersten Wahltag dürften sie in dieser Entscheidung bestätigt haben. MICHAEL STRECK