Kommentar: Die CDU muss aufwachen
: Auf Stammtisch-Niveau

„Das ist ein Stammtisch-Thema. Wo leben wir denn?“ – Manche Christdemokraten sprechen offen aus, was zumindest von Teilen der CDU-Migrationspolitik zu halten ist. Die präsentiert sich gerade in dieser Woche vornehmlich als Kette populistischer Misserfolge: Während rechtsextreme Parteien versuchten, auf Angela Merkels Anti-Türkei-Kampagne aufzuspringen, beschäftigt sich die nordrhein-westfälische CDU-Landtagsfraktion mit polygamen Muslimen, die angeblich das Sozialsystem schröpfen, und hält an ihrer Forderung nach einem strikten Kopftuchverbot fest.

Darum ist es schade, dass der lobenswerte Vorstoß der frauenpolitischen Sprecherin Regina van Dinther zur gesetzlichen Stigmatisierung der Zwangsverheiratung nun unterzugehen droht. Mag der Vorstoß des CDU-geführten Baden-Württembergs unklare Formulierungen enthalten, hebt er sich doch wohltuend von den restlichen Verirrungen der Partei ab. Doch zu dieser Abwertung trägt van Dinther selbst bei – flotte Sprüche von „Import-Bräuten“ und „Kerlen, die ihre Frau ermorden“, passen einfach nicht in die Diskussion, wohl aber sehr zum Türkeibild, dass große Teile ihrer Partei in die Öffentlichkeit transportieren.

Damit aber fährt die CDU ihre eigene Migrationspolitik vor die Wand: Noch immer kämpfen die Christdemokraten im Land für ein striktes Kopftuchverbot, während Baden-Württemberg versucht, ebenfalls unter ein solches Verbot fallende Nonnentracht als Berufskleidung zu legitimieren. Zeit, aufzuwachen.

ANDREAS WYPUTTA