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Archiv-Artikel

WDR will BürgerInnen Nähe bringen

Die Initiative Pro Ruhrgebiet träumt vergeblich von einem eigenen Programm für das Ruhrgebiet: Der WDR will an seinen lokalen Fenstern festhalten, sie sind einfach und günstig. Landespolitiker fordern schon lange eine Reform

RUHR taz ■ Der Westdeutsche Rundfunk sieht sich als Seelentröster: „Wir stillen das Bedürfnis nach Nähe“, sagt Ulrich Deppendorf, Programmdirektor des WDR. Deshalb wolle er kein einheitliches Ruhrgebietsprogramm im Fernsehen, sondern weiterhin die „Lokalzeiten“ senden. „Je größer Europa wird, desto mehr suchen die Menschen die Heimat in ihrer Nähe“, sagt Deppendorf.

Roland Kirchhof, Geschäftsführer des Vereins „Pro Ruhrgebiet“, kritisiert diese psychologischen Argumente. „Die Region wird durch den neuen Regionalverband politisch stärker, jetzt muss der WDR nachziehen“, sagt Kirchhof. Beispielsweise hätten Nachrichten über den neuen Verband kaum eine Chance, in den Lokalzeiten Düsseldorf oder Dortmund aufzutauchen, weil sein Sitz nun einmal in Essen sei. „Viele Bürger interessieren sich aber für das gesamte Ruhrgebiet,“ so Kirchhof.

Viele Bürger interessieren sich offensichtlich aber auch für Nachbars Probleme oder umgestürzte Bäume in der Parallelstraße: Die Lokalfenster aus Dortmund, Essen und Düsseldorf gehören zu den erfolgreichsten Sendungen des WDR. Sie teilen das Ruhrgebiet in drei Sendegebiete auf, so sehen Dortmunder zum Beispiel am Abend der Kommunalwahlen die Ergebnisse aus Recklinghausen und Castrop-Rauxel, nicht aber die überraschende Niederlage von CDU-OB Wittke in Gelsenkirchen oder Genossin Bärbel Zieling in Duisburg. Durchschnittlich zwanzig Prozent aller Fernsehgucker bleiben täglich um 19.30 Uhr beim dritten Programm hängen. Die Produktionskosten für die oft wenig aufwändig recherchierten Themen sind gering. „Warum sollten wir ein Erfolgsmodell austauschen?“, fragt Deppendorf.

Für die rot-grünen Medienexperten Karsten Rudolph und Oliver Keymis war schon Anfang diesen Jahres klar, warum. „Ruhr-Triennale, Verwaltungsreform, Kulturhauptstadt – in vielen Bereichen wird das Ruhrgebiet zum Ereignisraum, nur nicht im Fernsehen“, begründete der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Rudolph den Vorschlag eines neuen Ruhrgebietsfernsehens. Auf der Mattscheibe sei das Revier gespalten. „Jede Lokalzeit berichtet über den Banküberfall um die Ecke“, sagte auch Keymis. Zusammenhänge in der Region und Probleme des Ruhrgebiets als Ganzes kämen zu kurz.

Das findet auch Kirchhof. Er schlägt vor, in allen drei Lokalzeiten einen Platz für Regionales zu reservieren, der je nach Nachrichtenlage von allen drei Studios bedient werde. So könne sich auf Dauer ein eigener Sendeplatz „Regionalzeit Ruhr“ etablieren.

Für Deppendorf geht dieser Vorschlag zu weit. Er sehe zwar, dass die journalistische Bedeutung des Ruhrgebietes stark zugenommen habe, dass hier Ereignisse und Nachrichtenlage größer würden. Zunächst möchte er aber nur ein zusätzliches Format für das Ruhrgebiet einführen, „jenseits des Tagesaktuellen“. ANNIKA JOERES