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Archiv-Artikel

Verkörperung kosmischer Kräfte

Inder aus ganz Europa feiern diese Woche in Chorweiler das Durga-Puja-Fest. Für Hindus sind die vier Tage die wichtigste Feier des Jahres. Da erscheint die Göttin Durga, um der Welt Frieden zu bringen

Von Sandra Pingel

Alles beginnt mit der „Lebenseinweihung“. Ein Priester erweckt die handgefertigten, mit kostbaren Saris geschmückten Puppen zum Leben. Dann ist die Göttin Durga, die Mutter, da. Über vier Tage folgt daraufhin ein Fest mit Gesang, Tanz, Blumenopfern und gesegneten Speisen. Was für die Christen Weihnachten, ist für die Hindus in Indien das Durga-Puja-Fest.

In Köln wird das Erscheinen der Göttin seit elf Jahren zelebriert. Seit Mittwoch feiern InderInnen und Deutsche im Bürgerhaus Chorweiler. „Bis zu 1.500 Menschen kommen jeden Tag, auch aus Holland, Belgien oder England“, sagt Mitorganisator Barun Chatterjee. Damit sei das Durga Puja in Köln das größte seiner Art in Europa. Zu dem Fest seien „alle Menschen willkommen, egal welcher Religion. In Indien feiern auch alle mit, egal ob Hindu oder Buddhist.“

Gisela Brandt, 52 Jahre, und ihre Bekannte, die 57-jährige Roswitha Buchholz, kommen schon seit mehreren Jahren hierher. Kennengelernt haben die beiden Frauen aus Köln-Höhenburg die Festlichkeiten durch einen Nachbarn, der das Durga Puja Köln mitorganisiert. Allerdings werden sie nicht durchgehend mitfeiern, wie so manche indischstämmigen BesucherInnen. „Wir interessieren uns wegen der schönen Kleider besonders für die Tänze“, erzählt Roswitha Buchholz.

Andere Deutsche kommen mit ihren indischen EhepartnerInnen. Von EuropäerInnen auf dem Erleuchtungstrip will Organisator Chatterjee indes nichts hören. Für ihn seien alle Menschen gleich und damit willkommen. Durga komme jedes Jahr wieder in die Welt, um den Frieden wiederherzustellen und so solle das Fest auch von Toleranz und Offenheit geprägt sein.

Bereits vormittags zwischen neun und elf Uhr beginnen die Feierlichkeiten, die bis in die späten Abendstunden gehen. Zweimal täglich gibt es eine geweihte Speise, das Prasad. „Eine Mahlzeit kann fünf bis sechs Gänge umfassen“, so Chatterjee.

Die Legende besagt, dass Durga, die Frau Shivas, den Dämon Mahischasura besiegt hat. Die Hindus sehen in ihr deshalb die Verkörperung aller kosmischen Kräfte, allen Wissens und des Friedens. Zusammen mit Shiva und den Kindern Ganesh, Laxmi, Kartik und Saraswati lebt sie im Himalaya-Gebirge. Nur während des Durga Puja kommt sie für vier Tage zu den Menschen, um den Frieden in der Welt wiederherzustellen.

Der Termin des Durga Puja wird jedes Jahr neu astrologisch berechnet. Am sechsten Tag nach Neumond wird Durga erweckt, die eigentlichen Feierlichkeiten beginnen aber erst am siebten Tag. Am zehnten Tag nach Neumond kehrt Durga dann wieder in die Erde zurück. „In Indien werden die Durga-Puppen dazu dem Ganges zugeführt“, erzählt Chatterjee. Dem Brauch nach komme Durga aus der Gangesquelle und kehre durch die Gangesmündung zurück in die Erde. „In Köln dürfen wir die Puppen leider nicht dem Rhein übergeben“, lacht er.

Übrigens: In der hinduistischen Mythologie seien die Kräfte weiblich. „In Indien heißt es „die“ und nicht „der“ Ganges.“ Gleichzeitig möchte Chatterjee mit dem Gerücht aufräumen, Hinduisten verehrten mehrere Götter: „Alle Götter stellen im Hinduismus die verschiedenen Eigenschaften und Form eines allmächtigen Gottes dar.“