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Archiv-Artikel

„Muslime in der Union richtig“

Emine Demirbüken wundert sich über antiislamische Ausfälle in der Union. Denn: „Im Werteverständnis sind Muslime Konservativen näher als der liberalen Linken“

taz: Frau Demirbüken, Ihr Parteifreund Henry Nitzsche hält es für „vergebliche Liebesmüh‘“, um die Wählerstimmen eingebürgerter Türken zu werben. Welche Konsequenzen sollte die CDU daraus ziehen?

Emine Demirbüken: Meiner Meinung nach sollte Nitzsche aus der Partei austreten. Seine Aussagen sind durch nichts zu entschuldigen, sie sind für mich absolut nicht nachvollziehbar.

Erst Hohmann gegen Juden, jetzt Nitzsche gegen Muslime. Wie weit sind solche Vorurteile in der Union verbreitet?

Das ist eine sehr pauschale Frage. Ich bin jedesmal darüber verwundert, dass es überhaupt Menschen mit solch extremen Gedankengut in unseren Reihen gibt. Ich denke aber, dass es eben nicht weit verbreitet ist. Sonst hätte ich längst meine Konsequenzen gezogen.

Also sind Hohmann und Nitzsche Einzelfälle?

Ja, absolute Einzelfälle.

Was bedeutet ein solcher Ausspruch für das Zusammenleben von Christen und Muslimen in Deutschland?

Es ist verheerend. Zumal das Zusammenleben von Christen und Muslimen viel weiter ist, als die Herren Hohmann oder Nitzsche sich das überhaupt vorstellen können. Man hat als Immigrant in dieser Gesellschaft immer gegen Vorurteile und Klischees zu kämpfen. Weil es einfacher ist, mit vorgefertigten Meinungen im Kopf zu arbeiten, als sich mit einer Gruppe oder Religion auseinandersetzen zu müssen.

Stimmt es überhaupt, dass Muslime nicht die Unionsparteien wählen?

Nein, es stimmt nicht. Ich bin innerhalb der Union sicher kein Einzelfall. Es gibt sehr viele aktive muslimische Menschen. Denn die sind von ihrem Werteverständnis, von ihrem Wertekanon her der konservativen, bürgerlichen Partei oft näher als der liberalen Linken. Das ist bekannt.

Wie sollen sich muslimische Mitbürger gegenüber solchen Aussagen verhalten?

Sie sollten sich von solch idiotischen Sprüchen auf keinen Fall aufhalten lassen. Sie sollten sich überall dort politisch, gesellschaftlich und kulturell einbringen, wo sie denken, dass sie dort richtig am Platz sind. Und die Union ist ein Ort, wo ich sagen kann, da sind sie richtig.

Wenn die Unionsspitze auf die Äußerungen von Herrn Nitzsche so „moderat“ reagiert wie bei Herrn Hohmann, was machen Sie dann?

Ich denke, dass er von allen seinen Ämter enthoben werden sollte. Die Unionsspitze hat sich dazu bereits sehr scharf geäußert, indem sie die Aussagen als „groben Unfug“ bezeichnet hat. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass reagiert wird. INTERVIEW: SUSANNE AMANN