: Verbraucherschützer auf Distanz
Verbraucherzentralen stehen der Kritik ihres Bundesverbandes an Landesregierung und Parlament reserviert gegenüber: Die negative Bewertung sei „oberflächlich“ und habe „methodische Mängel“
VON ANDREAS WYPUTTA
Nordrhein-Westfalens Verbraucherschützer gehen auf Distanz zu ihrem eigenen Bundesverband: Dessen Kritik an der Verbraucherschutzpolitik von Landesregierung und Landtag sei nicht voll gerechtfertigt, sagt Theo Wolsing, Mitglied der Geschäftsleitung der Verbraucherzentralen NRW: „Wir haben gegenüber dieser Studie erhebliche methodische Bedenken. Das Ergebnis bleibt nur oberflächlich“, so Wolsing zur taz. Auch Landesumwelt- und Verbraucherschutzministerin Bärbel Höhn (Grüne) nannte die angelegten Kriterien „fragwürdig“.
Dabei hatte der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VzBv) in einer am Donnerstag vorgestellten Untersuchung Alarm geschlagen: Insgesamt sei es um den Verbraucherschutz in Deutschland schlecht bestellt. Zwar landete das größte Bundesland in einer bundesweiten Rangliste auf einem guten zweiten Platz. Gemessen in Schulnoten könne der Schutz der Verbraucher aber nur „ausreichend“ genannt werden – von 510 möglichen Punkten habe NRW nur 55,9 Prozent erreicht, so die VzBv.
Zugrunde gelegt wurden aber rein formale Kriterien: So wird Höhns Ressort für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Vergleich zu Bayern abgestraft, weil im Ministeriumstitel vier statt drei Politikbereiche zusammengefasst sind – während die Bayern eine glatte eins einstreichen können, musste sich Höhn mit einem mittelmäßigen ‚befriedigend‘ begnügen. „Wir hätten uns selbst eine stärkere inhaltliche Bewertung gewünscht“, sagt Wohling. So hätte statt der Verfügbarkeit von Lehrplänen im Internet die Möglichkeit von qualifizierten Lehrerfortbildungen bewertet werden müssen, meint der Düsseldorfer Verbraucherschützer. Sein Fazit: „Ein ‚befriedigend‘ hätte NRW in jedem Fall verdient.“
Selbst mehr Geld für seine personell dünn besetzten Verbraucherzentralen mag Wohling angesichts knapper öffentlicher Kassen nicht fordern. „Das wäre angesichts der Haushaltslage doch weltfremd.“ Auf die angespannten Etats verweist auch Höhn – immerhin sei es ihr gelungen, die ursprünglich im Doppelhaushalt vorgesehenen Einsparungen von 40 auf zehn Prozent zu drücken. Mehr sei nicht möglich gewesen, klagt die Ministerin: „Wünschenswert wäre aber mehr Geld für den Verbraucherschutz.“
Dennoch kam weitere Kritik von Teilen der Opposition: Zwar gehöre NRW nicht zu den Schlusslichtern des VzBv-Rankings, so der ernährungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stefan Romberg. Gerade die Lebensmittelkontrolle aber hätte „besorgniserregend“ abgeschnitten, mahnt der Liberale: „In NRW wird nur noch jeder zweite Betrieb überprüft. Damit liegen wir deutlich unter Bundesdurchschnitt.“ Nötig sei auch hier eine Privatisierung, so Romberg: „Der Einsatz privater Lebensmittelkontrolleure ist dringend geboten.“ Höhn setzt dagegen auf eine Restrukturierung der teils landeseigenen, teils kommunalen Untersuchungsämter: „Bei den Untersuchungsämtern habe ich bereits zwei Mal versucht, die Zuständigkeiten zu effizienter zu gestalten, doch die Kommunen wehren sich.“