: Mauerbauer auf der Lauer
Am Sonntag gründete sich in Münster der Landesverband der von Satirikern ins Leben gerufenen Organisation „Die Partei“. Oberstes Parteiziel nach der Machtübernahme: Der erneute Mauerbau
VON ELMAR KOK
Ein Fünftel der Wegstrecke hat das satirische Demokratieprojekt „Die Partei“ auf dem Weg zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai nächsten Jahres schon geschafft. Etwa 200 Unterstützer waren am Sonntag auf dem Gründungsparteitag des Landesverbandes der Partei „Die Partei“ im Münsteraner Prinzipalsaal anwesend. 1.000 Unterstützer-Unterschriften braucht „Die Partei“, um zur Landtagswahl 2005 zugelassen zu werden.
Die „Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ (PARTEI) hat nach eigenen Angaben zurzeit bundesweit 3.000 Mitglieder, davon rund 800 in Nordrhein-Westfalen. Der Bundesvorsitzende von „Die Partei“, Titanic-Chefredakteur Martin Sonneborn, bezeichnet das Parteiprogramm als in Auszügen „von den anderen Parteien abgeschrieben“.
Gegründet wurde die Organisation von Redakteuren des Satiremagazins Titanic im Juli dieses Jahres, kurze Zeit später gründeten sich Ortsverbände die vorwiegend über das Internet kreativ tätig sind. Immerhin schaffte es die virtuelle Mobilmachung, 100 stimmberechtigte Parteimitglieder nach Münster zu locken. Da die Mehrheit der Stimmberechtigten beschloss, die Mitglieder der Landesliste nach „aufsteigender Parteimitgliedsnummer zu ernennen“, belegen die ersten Plätze der Liste Titanic-Mitarbeiter mit Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen. Mit dem dritten Listenplatz aussichtsreicher Kandidat für einen Sitz im Landtag: Thomas Gsella, Ruhrgebietsdichter und taz-Wahrheit-Lyriker.
Ist das Bundesprogramm der Satiriker vor allem darauf gerichtet, eine Sonderbewirtschaftungszone (SBZ) Ost zu schaffen und diese auch baulich von der ehemaligen BRD abzutrennen, gibt es innerhalb der Landesorganisation Forderungen nach Abtretung der linksrheinischen Gebiete sowie der Einmauerung von Düsseldorf und Köln. Sonneborn stellte am Sonntag noch einmal in Anlehnung an das bekannte Zitat von Uwe Barschel klar, dass es an einer neuen Mauer human zugehen soll: „Ich gebe Ihnen, gebe dem gesamten deutschen Volk mein Ehrenwort, ich wiederhole: mein Ehrenwort: Mit mir wird es an der Mauer keinen Schießbefehl geben.“
So satirisch der Parteitag angelegt ist, so ernst ist es den Initiatoren mit der rechtlichen Unanfechtbarkeit der Veranstaltung. Der Jurist Tim Werner achtete am späten Sonntag Nachmittag streng darauf, dass die Gründung des Landesverbandes, die Vorstandswahlen und die Wahl der Listenkandidaten nach den Regeln des Parteiengesetzes abliefen.
Die Wahlergebnisse auf dem Landesparteitag lassen zumindest die Erinnerung an die Zeiten hinter der Mauer aufkommen. Die Stimmberechtigten erteilten nach Meldung der „Partei“ dem Landesvorstand mit 99 Prozent der abgegebenen Stimmen die Zustimmung. Spitzenkandidat für das Amt des Ministerpräsidenten ist demnach Mark-Stefan Tietze. Trotz Plänen zum Mauerbau fühlt sich die „Partei“ in der Mitte der Gesellschaft verankert. „Der Bundesvorstand freut sich, unter den Kandidaten auf der Landesliste sowohl einen Beamten des Landes NRW als auch einen farbigen Deutschen indischer Provinienz zu führen“ heißt es in einer Pressemitteilung des Parteiorgans Titanic. Bei der Nachbereitung des Parteitags gelingt es den Aktiven, sich schon auf Augenhöhe mit einer ehemaligen Separatistenorganisation, der CSU, zu bewegen. Das Parteiorgan meldete gestern: „Montagswitz entfällt wegen Restalkohol nach dem gestrigen PARTEI-Tag in Münster.“