: Oh, oh, Amerika
Gottes eigener Country beschert Bremen mitten im November sonnenbestäubte Prärien und wunde Herzen
Dieser November ist ein guter Monat für Bremer Fans von Americana. Allerheiligen gab’s ein furioses Konzert von Steve Wynn im Lagerhaus, diesen Montag spielte „Oh Susanna“ im Sendesaal und am Freitag beweisen „Cow“ aus Hamburg, dass diese Musikrichtung auch in Deutschland funktioniert.
Americana: Wer auch immer diesen Begriff für die Gemengelage aus Country, Folk und Rock geprägt hat, hat Fans und JournalistInnen einen Dienst erwiesen. Kein Gestammel mehr à la „Country-Rock, irgendwie“. Ursprünglich stand das Wort für alles, was an die „good old days“ der Pioniere erinnert. Jetzt steht’s für Musik, die von dieser Epoche handelt oder beeinflusst ist – von der Carter Family bis zu Neil Young. Bei all‘ ihren Vertretern lauern unter der angenehm hörbaren Oberfläche Mord, Verrat, Trauer und Verzweiflung.
Das gilt auch für Suzie Ungerleider alias „Oh Susanna“. Die sympathische Kanadierin erfreute mit kleiner Besetzung den Sendesaal – bereits zum zweiten Mal. Und damit keine Missverständnisse bezüglich ihrer düsteren Themen aufkamen – die misshandelte Mutter, der betrügerische Mann – erzählte sie, sich immer halb für die schwermütigen Balladen der ersten Konzerthälfte entschuldigend, einiges aus ihrer glücklichen Kindheit. Den zweiten Teil widmete Ungerleider dann ihrem neuen, schlicht „Oh Susanna“ betitelten Album, ihrem rockigsten bisher. Und zeigte, wie man mit einer schmalen Besetzung aus Gitarre, Piano und Drums einen wunderbar erdigen Sound zaubert.
Während Kanada eine lange Americana-Tradition hat, fallen deutsche Adepten oft in diverse Fallen zwischen Authentizitätshuberei und Trash-Parodie. Nicht so „Cow“. Das Quartett um Peta Devlin hat sich für einen entschlackten Modern-Country-Ansatz entschieden. Sparsam und akustisch instrumentiert wird das Unterfangen von der Liebe zu den typischen Erzählungen von Losern und gebrochenen Herzen getragen. Wie die Band es schafft, innerhalb dieses traditionalistischen Rahmens noch Glam-Rock-Nummern zu integrieren, kann man am 14. November im Lagerhaus hören.
DIETER WIENE
Cow, 14.11., Lagerhaus, 20 Uhr