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Archiv-Artikel

Beckenbauer kein grüner Star

Grüne: Steuerflucht amoralisch. Vermögende und Firmen sollen mehr zahlen

BERLIN taz ■ Wie macht eine Partei ihren Wählern begreiflich, dass sie für Gerechtigkeit steht? Indem sie andere Leute als unsozial bezeichnet. So arbeiteten sich die grünen Bundestagsabgeordneten Christine Scheel und Fritz Kuhn gestern an Franz Beckenbauer und Michael Schumacher ab. Diese würden durch ihren Wohnsitz in der Schweiz und in Österreich „nicht entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit“ hierzulande in die Steuerkasse zahlen. Somit „können wir den Steuerflüchtigen unsere Bewunderung entziehen“, schreiben Scheel und Kuhn in einem Diskussionspapier zur Steuerpolitik.

Die grüne Offensive in Richtung Stammtisch dient auch dazu, die linke Flanke zu ordnen. Da geht es drunter und drüber. Gerade hat der Parteilinke Christian Ströbele eine neue Vermögensteuer vorgeschlagen. Mit ihrem Vorschlag wollen Scheel und Kuhn den ideologischen Konkurrenten nun einbinden, gleichzeitig aber den nach mehr Gerechtigkeit verlangenden Parteitag Ende November zufrieden stellen. Zu Ströbeles Vermögensteuer stellen Scheel und Kuhn fest: „Die Konzentration auf einzelne Maßnahmen wird der Komplexität des Problems nicht gerecht.“ Kuhn beunruhigt vor allem, dass möglicherweise Unternehmen Abgaben auf ihr Vermögen zahlen müssen, obwohl sie keinen Gewinn erwirtschaften. Das wäre dann ein unzulässiger „Eingriff in die Substanz“ der Firma, so Kuhn – und damit schädlich für den Standort Deutschland. Vermögen könne auch anders besteuert werden, sagen Finanzexpertin Scheel und Exparteichef Kuhn. Als Variante bringen sie eine renovierte Erbschaft- und Schenkungsteuer ins Gespräch.

Andere Punkte werden den Unternehmenverbänden noch weniger Spaß machen. So setzen sich die beiden Spitzengrünen dafür ein, die Steuerfreiheit für Unternehmensverkäufe rückgängig zu machen, die Rot-Grün erst im Jahr 2000 eingeführt hatte. Außerdem soll es für Firmen in Zukunft nicht mehr möglich sein, sich Umsatzsteuer vom Finanzamt erstatten zu lassen, wenn sie selbst noch keine gezahlt haben.

Ordnungsbedarf besteht freilich auch an der rechten Flanke. Scheel ließ gestern Sympathie für das von CDU-Politiker Friedrich Merz publizierte Stufenmodell für die Einkommensteuer erkennen. Das Thema „Steuer-Vereinfachung“ bestimme die nähere Zukunft, meint die Grünen-Politikerin. HANNES KOCH