Der Vorstandsversteher

Bei Opel in Bochum wächst der Unmut über den Kurs des Gesamtbetriebsratsvorsitzenden Klaus Franz

Heller Trenchcoat, schwarze Jeans, große Einkaufstasche. So kennen etwa die Marktfrauen in Rüsselsheim den Gesamtbetriebsratsvorsitzenden der Adam Opel AG. Fast jeden Samstag mischt sich Klaus Franz (52) in der Opelstadt unters Volk. Hier ein Schwätzchen, dort ein Streitgespräch. Franz kennt die Sorgen und Nöte seiner Mitbürger. Und die Rüsselsheimer kennen ihn. Schließlich saß der Verhandlungsführer der Arbeitnehmerseite in den laufenden Gesprächen mit dem Vorstand von Opel und der Spitze des Mutterkonzerns General Motors Europe um die Zukunft der angeschlagenen Firma auch viele Jahre lang ehrenamtlich für die Grünen im Magistrat der Opelstadt.

„Der gute Mensch von Rüsselsheim“, taufte ihn die Welt. „Ein außergewöhnlicher Arbeitnehmervertreter“, sagt auch der amtierende Präsident von GM Europe, Carl P. Forster, der noch bis zum Frühjahr Vorstandsvorsitzender der Adam Opel AG war. Franz vertrete konsequent die Interessen der Beschäftigten, denke aber gleichzeitig „aktiv im Unternehmersinn“.

Dieses Lob von der „falschen Seite“ war Wasser auf die Mühlen seiner Kritiker. Vor allem am Opel-Standort Bochum werfen Betriebsräte und Vertrauensleute Franz vor, sich vornehmlich für die Beschäftigten in Rüsselsheim stark zu machen und dabei die Interessen der anderen Standorte zu vernachlässigen. Der IG-Metaller, der auch stellvertretender Vorsitzender des Opel-Aufsichtsrats ist, „kungele“ außerdem zu sehr mit der Arbeitgeberseite. Stichhaltige Beweise dafür legten die Bochumer bislang zwar nicht auf den Tisch. Wahr ist allerdings, dass sich Franz mit Kritik am jetzt überall als „verhängnisvoll“ bezeichneten Kurs des Unternehmens lange Zeit vornehm zurückhielt. Dass er sich zur Freude der Metall-Arbeitgeber im vorigen Jahr lautstark für die sofortige Beendigung des von der IG Metall organisierten bundesweiten Streiks für mehr Lohn eingesetzt hatte, wurde ihm gerade von den stets (arbeits-)kampfbereiten Bochumer Kollegen besonders übel genommen. Der Sprecher der Vertrauensleute dort, Andreas Felder, warnte die IG Metall ausdrücklich davor, den „Kollegen Franz“ als Nachfolger von Klaus Zwickel an die Spitze der Gewerkschaft zu wählen – „dann könnten wir ja gleich einen vom Unternehmerlager nehmen“.

Spätestens seitdem ist das Verhältnis zwischen den Beschäftigten bei Opel in Bochum und Franz angespannt. Dass sich dieser während der zurückliegenden „Informationstage“ nicht einmal im Ruhrgebiet blicken ließ, passt da ins Bild.

Unstrittig ist dabei, dass Franz in den letzten Jahren viel für den Erhalt von Arbeitsplätzen getan hat. Seinem Verhandlungsgeschick etwa ist es zu verdanken, dass GM USA in Rüsselsheim rund 750 Millionen Euro investierte und dort Anfang 2003 das modernste Automobilbauwerk der Welt in Betrieb nahm. Ansonsten wären am veralteten Opel-Stammsitz vielleicht schon vor fünf Jahren alle Lichter ausgegangen. KPK