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Archiv-Artikel

Ökobau schwer gemacht

Im oberbergischen Burscheid wird der Bau einer geplanten Ökosiedlung seit sechs Jahren von der Stadt behindert. Investoren springen ab, Investitionen können nicht fließen

von Salvio Incorvaia

Gabor Schneider ist verbittert. „Hier wird das ökologische Engagement von Investoren behindert. Die Chance, ein Dorf nachhaltig zu verändern, wird verspielt, eine private Initiative im Keim erstickt“, sagt der Leiter und Hauptinvestor des Projektes „Freio-Dorf“. Er deutet auf das einsame Holzhaus auf der verwilderten Brachfläche.

Der engagierte Diplom-Ingenieur aus Köln wollte sich einen ökologischen Traum erfüllen und zusammen mit Co-Investoren eine moderne Ökosiedlung auf einer zentralen Freifläche in einem Ortsteil von Burscheid errichten. Doch bisher steht auf der Freifläche in Berrinhausen seit sechs Jahren nur ein großes, braunbuntes, modernes Musterhaus aus Holz.

In der idyllischen Siedlung im Oberbergischen soll nach Schneiders Vision ein ökologisches Viertel aus Holzhäusern mit gemeinsamen umweltpolitischen und sozialen Zielen. Lokale Firmen und örtliche Handwerker sollten an dem Aufbau des Projekts beteiligt werden. Kapital und Investoren saßen in den Startlöchern.

Doch dann kam alles ganz anders: Garbor und seine Mitinvestoren aus ganz NRW hatten das Grundstück 1998 gekauft, anschließend einen Antrag auf Baugenehmigung eingereicht. Doch Stadtrat und der Kreis stritten sich über den Bau eines Abwasserkanalsystems. Der von CDU und der konservativen „Unabhängigen Wählergemeinschaft“ (UWG) dominierte Stadtrat war sich nicht mit der Kreisregierung einig. Erst nach zweijähriger Verzögerung gab es die Baugenehmigung.

„Herr Schneider hätte einfach loslegen können. Wir haben ihm die Baugenehmigung gegeben“, sagt Bürgermeister Hans-Dieter Kahrl (CDU). Das Projekt sei trotz bedenklicher Bebauungsdichte im Ort genehmigt worden.

Doch sprang nun – durch die lange Verzögerung – die Investorengruppe komplett ab. Nach langer Suche konnte Projektleiter Schneider neue Geldgeber finden. Das waren nun kleine Familien und Einzelpersonen. Kleinere Wohneinheiten und eine Unterkellerung der Gebäude wurden nun für die neuen Bauherren gebraucht. Dies war für die Siedlung im alten Bauplan nicht vorgesehen. Zudem wurde ein großer Pavillion zur Begegnung zwischen Siedlungs- und Dorfbewohnern geplant.

In der Zwischenzeit hatte der Stadtentwicklungsausschuss in Burscheid einen neuen Flächennutzungsplan ausgearbeitet. Für die Splittersiedlung Berrinhausen war eine Siedlungserweiterung vorgesehen. Der Stadtrat wollte den neuen Plänen nicht zustimmen: „Die Vergrößerung der Siedlung von drei auf sieben Wohneinheiten war für den dicht besiedelten Ortsteil nicht zu verkraften“, begründet Stadtsprecher Dirk Runge die Entscheidung. Nach den alten Bauplänen könne sofort mit dem Bau der Siedlung begonnen werden.

Bisher wurden über 250.000 Euro an Planungsleistung und Investitionen in das Projekt gesteckt. Rund 24 Personen sollten in der Siedlung später leben. Schneider schwärmt: „Wir wollten einem Stadtteil neue Impulse geben und ökologisch verändern.“ Inzwischen hätte das Projekt längst fertig sein können.

Auch ein Treffen mit Behördenvertretern aus dem Kreis und Regierungsbezirk erwies sich bisher als nicht förderlich. Zwar versprach der Kreis Unterstützung, doch ohne Zustimmung des Rats in Burscheid liegt das Projekt auf Eis, bis heute.

Im Sommer wurde eine neue Bausatzung für den Ortsteil Berrinhausen entwickelt. Sie genehmigt nur noch den Bau von freistehenden, eingeschossigen Einfamilienhäusern. Diese Vorgaben stehen den neuen Bauplänen des Freio-Dorfs in allen Punkten entgegen. Über die Verabschiedung der neuen kommunalen Bausatzung wird aber erst im November entschieden.

Seit nun sechs Jahren schlägt sich Garbor Schneider mit ständig geänderten Bebauungsplänen, abspringenden Investoren, der Suche nach neuen Bauherren und der Ausarbeitung des neuen Bauantrages herum. Die finanziellen Lasten drücken schwer. „Wenn jetzt bald nichts geschieht, werde ich die alten Baupläne umsetzen und zumindest symbolisch die ersten Baugruben ausheben!“