Auch alte Leute können nachhaltig sein

Rot-grüne Zukunftsstrategie: Generationengerechtigkeit, Umweltschutz. Ökos kritisieren Wachstumsorientierung

BERLIN taz ■ Was ist eine nachhaltige Strategie für den Autoverkehr? Die Bundesregierung hat darauf nun eine Antwort. Sie hat vier alternative Antriebe und Kraftstoffe aus über 200 verschiedenen Varianten als besonders nachhaltig gekürt: sparsame Verbrennungsmotoren, synthetische Kraftstoffe aus Biomasse, Hybridautos mit Elektro- und Verbrennungmotor und Wasserstoffautos. So steht es im Fortschrittsbericht „Perspektiven für Deutschland“, den das Bundeskabinett gestern verabschiedet hat. Beim Klimaschutz allerdings gibt es nichts Neues – nur das Kioto-Ziel von minus 21 Prozent Treibhausgase bis 2012 im Vergleich zu 1990. Dazu fehlen derzeit nur noch knapp 3 Prozent. Aus erneuerbaren Energien sollen bis 2010 mindestens 12,5 Prozent des Stroms kommen.

Unter den 21 Zielen und Indikatoren für Nachhaltigkeit geht es aber nicht nur um Umwelt. Neu ist auf Drängen von Kanzleramtschef Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Generationengerechtigkeit als Schwerpunktthema eingeflossen. Ältere Menschen sollen durch fortlaufende Qualifizierung und „potenzialgerechte Arbeitsplätze“ auf der Höhe der Zeit bleiben. Sonst drohe Fachkräftemangel, heißt es im Bericht.

Auf Druck des Nachhaltigkeitsrats, der die Regierung berät, steht auch eine Verminderung des Flächenverbrauchs auf der Agenda: nur noch 30 Hektar Fläche Bebauung täglich – statt 105 Hektar in den letzten Jahren. Die Entwicklungshilfe soll bis 2006 von jetzt 0,28 Prozent auf 0,33 Prozent des Bruttonationaleinkommens wieder hochgefahren werden. Für das international vereinbarte Ziel von 0,7 Prozent gibt es keine Zeitvorgabe.

Die Umweltverbände Deutscher Naturschutzring, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Naturschutzbund (Nabu) kritisierten den Bericht. Er versäume es, auf den Widerspruch zwischen wirtschaftsorientierter Wachstumspolitik und den Ansprüchen einer ökologisch und sozial ausgewogenen Entwicklung einzugehen. Defizite in der Verkehrs-, Agrar- und Energiepolitik würden nicht angemessen bilanziert. Es sei unehrlich, dass das Klimaziel aus der Ära Kohl von minus 25 Prozent bis 2005 sang- und klanglos weggefallen sei, bemängelte Christine Wenzl vom BUND. Außerdem werde in der Regierung zu wenig Nachhaltigkeit umgesetzt: „20 Prozent Ökolandbau bis 2010 sind noch in weiter Ferne. Bei 4,3 Prozent in 2003 läuft die Agrarwende im Schneckentempo.“ Der nächste Bericht kommt 2006.

BEATE STRENGE