piwik no script img

Archiv-Artikel

Woronin wandelt sich zum Erfolg

Bayer Leverkusen besiegt Arminia Bielefeld mit 3:2 und feiert den dreifachen Torschützen Andrej Woronin. Bayer-Trainer Klaus Augenthaler lobt die unterlegenen Gäste aus Ostwestfalen: Stärker als Real Madrid oder die Bayern

LEVERKUSEN taz ■ Man könnte glauben, Andrej Woronin sei ein anderer Mensch geworden in Leverkusen. Während der vergangenen Saison in Köln trug er stets spektakuläre Designermode aus Boutiquen, in denen auch Zuhälter oder Musikproduzenten aus der Hip-Hop-Branche ihre geschmacklichen Vorlieben verwirklichen können, die Haare waren kurz und akkurat zurecht gegelt und auf dem Platz blieb er gerne demonstrativ stehen, wenn die Kollegen mal wieder vergeblich versuchten Fußball zu spielen. Am Mittwochabend tat er alles, um diese Eindrücke nachhaltig aus der Welt zu wischen. Mittlerweile trägt er die Haare lang und zottelig, trottet neben dem aufgetakelten Franca im ausgeblichenen Trainingsanzug aus der Kabine, vor allem aber spielt er plötzlich richtig gut Fußball. „Ein unglaubliches Gefühl“, sei es, als Held des Abends aus der BayArena hinaus zu laufen, sagte Woronin nach dem 3:2-Sieg gegen Arminia Bielefeld.

Der ukrainische Nationalspieler hatte nicht nur alle drei Tore für seine Mannschaft geschossen, er hatte zudem „hervorragend hinten ausgeholfen“, wie Torhüter Hans-Jörg Butt lobte. Die wehenden Haare waren überall auf dem Platz zu sehen. Er lief, hatte ein Auge für den guten Pass und sparte nicht mit Applaus für gelungene Aktionen der Mitspieler. Trotzdem trat Woronin hernach mit einer gehörigen Portion Demut vor die Reporter. „Ich habe vor dem 2:2 Mist gebaut“, sagte er, und außerdem hätten ihm die Kollegen „super Bälle“ aufgelegt. „Vielen Dank an die Jungs, die mir geholfen haben.“ Die Rolle des Reservisten im Schatten der großen Stürmer Dimitar Berbatow und Franca hat dem Mann offenbar richtig gut getan, nichts ist mehr übrig von dem übermotivierten verkrampften Spieler, der vor lauter Willenskraft über den Ball stolpert oder in den Boden tritt. Woronin erzählte gelassen, dass er in Leverkusen viel besser arbeiten könne, weil „nicht jeden Tag etwas über mich in der Zeitung steht“.

Damit das auch so bleibt, sparte Klaus Augenthaler sich denn auch die verbalen Lorbeeren für seinen Stürmer und beglückte statt dessen Arimina Bielefeld mit höchstem Lob. „Das war die stärkste, disziplinierteste Mannschaft, die bisher hier aufgetreten ist“, meinte der Trainer – große Worte, immerhin waren in der laufenden Saison schon Real Madrid, Bayern München und der AS Rom zu Gast. Er lag nicht ganz falsch. Die Ostwestfalen hätten in Leverkusen um ein Haar ihren vierten Auswärtssieg in Folge mitgenommen, sie hatten 1:0 geführt (Buckley, 20.), ihr bekanntes sauber geordnetes Defensivspiel organisiert, und nach dem 2:2 Ausgleich von Fatmir Vata (71.) beste Chancen auf den Sieg vergeben.

Trainer Uwe Rappolder war trotzdem sehr glücklich nach dem Spiel. „Wir haben heute gespielt, was wir immer spielen“, sagte er und dass sein Kollege, die Arminia besser fand als Real Madrid, machte ihn fast sprachlos. „Wenn wir auch noch gewonnen hätten, dann hätte ich ja gar nicht mehr gewusst, was ich sagen soll“, meinte er mit dem Stolz des Trainers, der seine theoretischen Überlegungen auf dem Platz nahezu perfekt verwirklicht sieht. Im Schatten der lauthals gefeierten Mainzer hat hier ein zweiter Aufsteiger einen ganz eigenen Stil entwickelt, der sich in der Bundesliga zu bewähren scheint. DANIEL THEWELEIT