: Traumatisierendes Geschenk
Mit Valium zum pornographischen Foto: Prozess gegen Hobby-Fotografen, der eine junge Frau mit Medikamenten bewusstlos gemacht haben soll
Hauptberuf: Zahnarzt, Nebentätigkeit: Aktfotograf. In guten Händen wähnte sich Marita S., als sie im Juli 2000 in das Fotostudio des Dentisten ging, um bei diesem „künstlerische Aktbilder“ als Geschenk für ihren Freund anfertigen zu lassen. Noch heute aber bereut sie, auf diese Idee verfallen zu sein. Denn Carsten Rolf T., so sagt sie, habe ihr heimlich Valium in den Sekt gekippt und dann pornographische Aufnahmen von ihr gemacht. Dafür wurde der jetzt 43-jährige Zahnarzt vom Amtsgericht zu einem Jahr und sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Weil er dagegen Rechtsmittel eingelegt hat, verhandelt das Landgericht seit gestern über den Fall.
Noch heute ringt die jetzt 24-jährige Marita S. um Fassung, wenn sie über jenen Tag vor drei Jahren spricht. Um sich für die Fotoaufnahmen etwas aufzulockern, gab es damals zunächst Sekt. Ihr sei der bittere Geschmack des Getränkes gleich aufgefallen, sagte Marita S., getrunken hat sie ihn trotzdem. Dann habe sie nur noch gemerkt, wie der Fotograf sie fesselte und ihr eine Augenbinde umlegte. Irgendwann sei sie aufgewacht und fluchtartig aus dem Studio geeilt. Als sie benommen und verstört nach Hause kam, habe ihr Freund sie gleich ins Krankenhaus geschickt. Dort fand man das Betäubungsmittel in ihrem Blut.
Noch heute quäle sie der Gedanke, berichtete Marita S. vor dem Landgericht, dass Carsten Rolf T. sich damals womöglich an ihr vergangen hat. Und dass er die Pornoaufnahmen von ihr an Fremde weitergegeben haben kann.
Der Angeklagte schweigt zu den Vorwürfen. In seinem ersten Prozess aber hatte Carsten Rolf T. ausgesagt. Damals hatte er behauptet, Marita S. habe die angebotene Flasche Sekt zügig geleert. Deshalb sei sie so betrunken gewesen, dass sie während der Fotoaufnahmen plötzlich eingenickt sei. Während sie schlief, beteuerte der Aktfotograf, habe er sich anderweitig beschäftigt und nach ihrem Aufwachen sogar versucht, die noch alkoholisierte Frau vom Autofahren abzuhalten.
Allerdings hat die Polizei in seinem Studio tatsächlich pornographische Bilder der heute 24-Jährigen entdeckt. Und für die Sachverständigen im ersten Prozess stand fest, dass der ausgeschenkte Sekt mit Medikamenten versetzt war – deren Schachtel die Polizei ebenfalls im Studio des fotografierenden Zahnarztes fand. Dieser, so damals das Amtsgericht, habe „ein niederträchtiges und menschenverachtendes Vorgehen“ an den Tag gelegt.
Der Prozess wird kommende Woche fortgesetzt. ELKE SPANNER