: Zu wenig Aufklärung
betr.: „Was guckst du, bist du schwul?“ (Ein hoher Prozentsaatz der Gewalt gegen Schwule wird von Menschen aus dem islamischen Kulturkreis verübt), taz vom 8. 11. 03
Auch ich hatte in der Vergangenheit schon mehrfach Probleme mit jungen Männern aus dem islamischen Kulturkreis, die verbal aggressiv und gehässig wurden. Der Grund: ich trage als Mann auch in der Öffentlichkeit Frauenkleider.
Dies führt bei vielen Leuten zu einem Homosexualitätsverdacht. Und der Verdacht genügt. Vermutung = Faktum. Mehr als 90 Prozent der aggressiven Missfallensäußerungen kommen von Immigranten. Auch wurde ich von Immigranten (vermutlich islamischer Kulturkreis) energisch zur Unterlassung aufgefordert: „Wir wollen dich so nicht mehr sehen, nie mehr wieder! Merke dir das!“
Haben sich vor 20 Jahren mehr die deutschen Spießer das Maul zerrissen, so hat sich das Ablehnungsverhalten ganz massiv zu jungen männlichen Immigranten (übergwiegend aus dem islamischen Kulturkreis) verschoben.
Name und Anschrift sind der Red. bekannt
Bei diesen Diskussionen und Argumentierungs-Parodien besteht die große Gefahr, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: Die Gewalttaten gegen Schwule und die Tatsache, dass ein großer Prozentsatz von Tätern mit im weitesten Sinne islamischen Hintergrund diese ausüben. Schwul oder nicht, eine Gewalttätigkeit gegenüber einem anderen Menschen ist eine Straftat in diesem Land. Und wer hier lebt, der muss sich den geltenden Gesetzen beugen. Das hat absolut nichts mit Ausländerfeindlichkeit, politischer Korrektheit oder menschlicher Segmentierung zu tun. Vielmehr sollte man darüber nachdenken, warum man einen Begriff wie „No-Go-Area für Schwule“ überhaupt erfinden oder warum das Café PositHiv vielleicht schließen muss!
Die Mutter aller unsinnigen Erklärungen bringt der Sexualwissenschaftler Martin Dannecker zu Tage: Schwule als „Liberalisierungsopfer“, weil sie glauben sich überall in Deutschland nicht mehr verstecken zu müssen, und daher homofeindliche Eingriffe provozieren. Die gute alte Provokation. Fazit: Zwei schwule Männer halten Händchen, während sie beim Shoppen sind, und provozieren damit einen anderen Menschen, sie zu verprügeln, also das Verbrechen Körperverletzung. Schön. Das bedeutet aber auch, dass ein Geschäftsmann, der mit einem Laptop-Koffer durch ein Parkhaus geht, einen anderen Menschen dazu provoziert, ihn auszurauben, auch ein Verbrechen. Absurd.
Ich bin der Auffassung, dass der Prozentsatz der islamisch hintergründigen Homo-Feinde nur dadurch entsteht, dass zu wenig Aufklärung über die gesellschaftskulturellen Unterschiede zum Thema Homosexualität betrieben wird. Die fehlende Verhältnismäßigkeit von Religion und Gesetz, die offensichtlich vorliegt, ist ein weiterer wichtiger Aspekt. Ich bin froh, dass es Menschen wie Bastian Finke, Jörg Litwinschuh und Alexander Zinn gibt, die im Rahmen des schwulen Überfalltelefons und des LSVD in Zusammenarbeit mit „Gladt“ dafür arbeiten, dass die „Integration von Menschen aus dem arabischen und türkischen Raum“ nicht für gescheitert erklärt werden muss. PASCAL BRUMMET, Wetzlar
Feddersens Artikel hetzt weiße deutsche Schwule gegen heterosexuelle Leute muslimischer Herkunft auf, indem er einen Trend an migrantischer Homophobie heraufbeschwört. Die sorgsam politisch korrekte Sprache des Artikels verdeckt kaum die üblichen rassistischen Stereotype, die Islam mit Gewalt, Jugendkriminalität, mangelnder Integration und vormoderner Unzivilisiertheit verbinden. Diese Art von Teile und Herrsche geht vor allem auf Kosten von Menschen, die sowohl gegen Rassismus als auch gegen Homophobie, Transphobie und Sexismus kämpfen. […]
Der wahre Trend, der hier totgeschwiegen wird, ist die Seuchenartigkeit, mit der sich Islamophobie seit dem 11. September in der westlichen Linken ausbreitet. Dies beweist, was eigentlich nicht mit dem derzeitigen Multikulturalismus stimmt: Dass er nämlich in der Hand von unreflektierten Privilegierten bleibt, die minorisierte Menschen gegeneinander ausspielen, um nicht über ihre eigene Rolle im ganzen Schlamassel nachdenken zu müssen.
JINTHANA HARITAWORN, London, Großbritannien