: Mit einem Halbgott gegen Halbgötter
Heute nimmt in Köln das Institut für Qualitätssicherung im Gesundheitswesen die Arbeit auf. Der erste Institutsleiter Peter Sawicki kämpft bereits seit Jahren dafür, dass Kollegen und Pharmafirmen die Patienten besser informieren
Peter T. Sawicki kommt sein neuer Job entgegen: Heute startet das „Institut für Qualitätssicherung im Gesundheitswesen“ (IQWiG) in Köln – Institutsleiter Sawicki ist hier ohnehin zuhause. Seit vier Jahren ist er Chefinternist am Kölner St. Franziskus Hospital, hier gründete er auch das Institut für evidenzbasierte Medizin. Nun kann sich der 47-jährige Arzt sogar im Rahmen der Gesundheitsreform für mehr Transparenz in der Medizin einsetzen.
In Sawicki fand sich für das IQWiG ein Chef, der sich mit seiner Kritik an „Halbgöttern“ und Pharmaindustrie nicht zurückhielt. „Wir haben es mit einem groben Versagen von Pharmaunternehmen und Kontrollbehörden zu tun“ – so scharf kommentierte er zuletzt die Zulassung des Schmerzmittels Vioxx: Obschon das Rheumamittel der US-Firma Merck seit 1999 umstritten war, wurde es erst im Oktober 2004 weltweit zurück gezogen. Vor zwei Jahren kritisierte Sawicki, dass auch frisch zugelassene Medikamente ungebremst verschrieben werden: “Jedes neue Medikament, das langfristig angewandt wird, ist ein riskanter Feldversuch“.
Mit seiner Kritik an von Pharmafirmen „umarmten“ Ärzten stieß der gebürtige Warschauer im Bundesgesundheitsministerium auf offene Ohren. Das vom Gemeinsamen Bundesausschuss in Folge der Gesundheitsreform eingerichtete IQWiG wird nun untersuchen, welche Medikamente es wert sind, dass sie auf Kassenkosten verschrieben werden. Das IQWiG soll zudem eine preiswerte Medizinzeitschrift entwickeln, genauso wie eine Internetplattform, die Informationen über Therapien und Medikation anbietet.
Zur Vorsicht rät Sawicki bei Informationen von Pharmafirmen – wissenschaftlich ließe sich Vieles nicht belegen. Mit seinem Einsatz für „evidenzbasierte“ Medizin tritt Sawicki auch dem eigenen Berufsstand auf die Füße. Der ließe sich oft vom „Glauben“ leiten – von Autoritäten und Hierarchien statt von aktuellen Forschungsergebnissen.
Die Macht seines mit Bundesweihen versehenen Instituts mit 20 Mitarbeitern bleibt freilich begrenzt. „Wir sind keine Polizei für die deutsche Medizin“, sagt Sawicki – fast bedauernd.CHRISTOPH SCHURIAN